324
Die Perspectiv.
man sich des verjüngten Maaßes bedienen, und wenn
alles dem Auge bey Betrachtung der Zeichnung recht
natürlich erscheinen soll, so muß man das Papier
nicht allein in verticaler Stellung halten, sondern
auch dasselbe vom Auge so weit weg rücken, als die
angenommene Entfernung des Auges von der Tafel
erfordert. Dabey tritt nun der Umstand ein, daß
unser Auge nur in einer gewissen Entfernung kleine
Gegenstände deutlich sehen kann, und diese Entfer
nung ist nach der verschiedenen Beschaffenheit der
Augen des Zuschauers ebenfalls sehr verschieden,
weil es weitsichtige und kurzsichtige Personen giebt,
wovon jene, was sie deutlich sehen wollen, ziemlich
weik vom Auge entfernen, diese sehr nahe heran brin-
Zen müssen» Die Gränzen dieser verschiedenen Ent
fernungen eben derselben Sache vom Auge, nach
dem Entweder der Kurzsichtige, oder der Weitsichtige
alle Kleinigkeiten deutlich sehen soll , fallen zwischen
4 bis,i,6 Zoll, auch wohl noch darüber, bis auf 2
oder Z Fuß bey recht weitsichtigen Personen, die ihr
Auge vornehmlich weit in die Ferne zu sehen geübt
haben, oder auch wegen der besondern Structur
ihrer Augen, welche die Dioptrik naher beschreiben
pird, in der Nahe nicht deutlich sehen könnest. Es
muß demnach die bey der Zeichnung des Gemähldes
angenommene Entfernung des Auges innerhalb die
ser Gränzen des deutlichen Sehens lieget,, damit
der Zuschauer, wenn er fein Auge.in den wahren
Gesichtspunct bringt,, alle Theile des Gemähldes
deutlich unterscheiden kann? Ob nun gleich die
verschiedene Scharfe der Augen Hiebey ein großes
Hinderniß zu seyn scheint, wenn verschiedene Per
sonen einerley Gemählde betrachten sollen, den Ge
sichtspunct so zu wählen, daß die Zeichnung in
der