Full text: Grundzüge der Geodäsie (3. Teil)

YI 
Vorwort des Herausgebers 
Mathematik ihre Bedeutung für die Wirklichkeit erwiesen hat, 
braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden. Es ist ja 
eine der nächstliegenden und vornehmsten Aufgaben, unter den 
geometrischen Gestalten den Körper aufzusuchen und zu bestimmen, 
der der Träger des ganzen menschlichen Lebens ist, die Erde. 
Allerdings hat das Beispiel des größten Mathematikers, Carl Frie 
drich Gauß, der den geodätischen Untersuchungen einen großen 
Teil seiner Lebensarbeit gewidmet hat, bei wenigen Mathematikern 
Nachahmung gefunden. Die Geodäsie wurde eine besondere Fach 
wissenschaft, welche den ganzen Menschen verlangte, während die 
Mathematiker sich mehr Problemen rein theoretischen Charakters 
zuwandten. Erst in der neuesten Zeit ist der Gedanke wieder her 
vorgetreten, daß auch der Mathematiker und insbesondere der 
Lehrer an unseren höheren Schulen eine gewisse Kenntnis der 
Geodäsie besitzen sollte. Ist sie es doch, die der an den Schulen 
allgemein behandelten Trigonometrie erst Sinn und Bedeutung 
gibt. Aus den Aufgaben der Feldmessung ist die ganze Geometrie 
erwachsen. Sollte nicht auch der heutige Mathematiker ein gewisses 
Verständnis nicht bloß für die geometrischen Lehrsätze, sondern 
auch für ihre Verwendung bei wirklichen Messungen besitzen? 
Soll aber dem Mathematiker das Gebiet der Geodäsie er 
schlossen werden, so ist ein unbedingtes Erfordernis hierfür das 
Vorhandensein eines Lehrbuches, das auf knappem Raume ihm 
doch eine Übersicht über die Geodäsie in ihrem vollen Umfange 
gibt. Das soll heißen, das .Lehrbuch darf sich nicht auf die soge 
nannte niedere Geodäsie beschränken, es muß auch die höhere 
Geodäsie, bei der die mathematischen Entwickelungen noch eine 
viel größere Rolle spielen, mit berücksichtigen. Es sind doch Pro 
bleme wie das der kürzesten Linien und der geodätischen Dreiecke 
auf dem Ellipsoid, worauf sich zunächst das Interesse des Mathe 
matikers lenken wird. Wenn man bedenkt, daß die Geodäsie in dem 
vorliegenden Bande derart in ihrer vollen Ausdehnung erfaßt ist, 
so wird man seinen Umfang als sehr mäßig empfinden. 
Rein äußerlich betrachtet, kann allerdings die Progression, 
die in den aufeinanderfolgenden Bänden unseres Handbuches zu 
beobachten ist, Besorgnis erwecken. Während der erste Band, die 
von H. v. Sanden verfaßte praktische Analysis, nur llY 2 Bogen 
füllt, umfaßt der zweite Band, die Darstellende Geometrie von 
J. Hjelmslev, bereits 20 Bogen, und dieser dritte Band ist auf über 
25 Bogen angewachsen. Der Schluß liegt nahe, daß, wenn diese 
Progression entsprechend weiter fortgesetzt wird, die noch aus 
stehenden Bände allmählich einen ins üngemessene steigenden
	        
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