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C. Höhere Geodäsie
(343) J®A t ds.
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Zur Auswertung dieses Integrals trägt man zweckmäßig die
einzelnen Entfernungen ds als Abszissendilferenzen und die Lotab-
weicbungen als Ordinaten in den Endpunkten der ds in einem
rechtwinkligen Koordinatensystem auf. Das gesuchte Integral ist
dann die durch den entstandenen Linienzug, die Abszissenachse
und die Ordinate begrenzte Fläche, welche leicht mit dem
Planimeter ermittelt werden kann.
Dem beschriebenen Verfahren, Geoidabstände zu ermitteln,
liegt die durch die Erfahrung bestätigte Hypothese zugrunde, daß
die Lotabweichungen und die Geoidabstände keine großen Werte
erreichen. Denn nur unter dieser Voraussetzung kann man in (342)
die Parallelbögen ds" zum Ellipsoid durch die aus der Triangu
lierungsberechnung bekannten Ellipsoidbögen ds ersetzen und die
aus Beobachtungen auf dem Geoid und in benachbarten Niveau
flächen geodätisch berechneten geographischen Koordinaten (<p, A)
als genügend genau betrachten. Weiterhin wurde zunächst voraus
gesetzt, daß für die Ausführung der Messungen eine genügende
Anzahl von Stationen in der Geoidfläche vorhanden sei. Als solche
können jedenfalls die in Mittelwasserhöhe liegenden Punkte der
verschiedenen Meere gelten, um so mehr, als sich ein etwaiger Ni
veauflächenunterschied der verschiedenen Meeresspiegel durch ge
ometrisches Nivellement längs der Küste feststellen läßt.
Es läßt sich aber nicht vermeiden, daß die große Mehrzahl
aller Stationen außerhalb des Geoids liegt. Die Beobachtungen
werden dann in verschiedenen, mit dem Geoid nicht zusammen
fallenden Niveauflächen ausgeführt. Da die Lotrichtung im Beob
achtungspunkt wegen einer schwachen Lotkrümmung mit der Lot
richtung im entsprechenden, durch die gleiche Lotlinie bezeichne-
ten Geoidpunkt einen kleinen Winkel einschließt, so wird noch die
Berücksichtigung einer kleinen Verbesserung notwendig, welche
aus Höhe- und Schweremessungen ermittelt werden kann 1 ).
Hat man aus einer größeren Anzahl von astronomischen Ni
vellements, welche hauptsächlich in der Dichtung der Meridiane
1) Siehe hierüber: Helmert, Zur Bestimmung kleiner Flächen
stücke des Geoids aus Lotabiveichungen mit Rücksicht auf Lotkrüm
mung in den Sitzungsberichten der K. Preußischen Akademie der
Wissenschaften zu Berlin, erste Mitteilung 1900, Seite 964, zweite
Mitteilung 1901, Seite 958.