78
ß. Niedere Geodäsie
Im Altertum scheint die Feldraeßkunst hauptsächlich durch
die Ägypter, Griechen und Römer gepflegt worden zu sein, jedoch
ohne daß sie durch diese Völker eine Ausbildung erfahren hätte.
Auch im Mittelalter sind keine nennenswerten Fortschritte zu ver
zeichnen. Die Erfindung des Meßtisches durch Praetorius
(1537 —1616) fällt bereits in die Neuzeit.
Ein kräftiger, heute noch nicht abgeschlossener Aufschwung
der Feldmeßkunst setzte am Anfang des 19. Jahrhunderts mit
dem Beginn der großen Landesvermessungen für Steuer- und
Eigentumszwecke in den europäischen Kulturstaaten ein. Erst die
Entwicklung der letzten hundert Jahre hat die Feldmeßkunst ihres
überkommenen rein handwerksmäßigen Charakters allmählich ent
kleidet und sie, unbeschadet ihrer praktischen Bedeutung, auf eine
wissenschaftliche Grundlage gestellt. 1 )
1) Siehe hiezu Cantor, Die römischen Agrimensoren und ihre
Stellung in der Feldmeßkunst, Leipzig 1875 und J ordau-Steppes,
Das deutsche Vermessungswesen, Stuttgart 1882.
Die Literatur über niedere Geodäsie ist außerordentlich reich
haltig. Als die wichtigsten Lehrbücher sind zu nennen; Bauern
feind, iElemente der Vermessungskunde, Stuttgart, verschiedene Auf
lagen, Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, II. Band, Stuttgart,
verschiedene Auflagen, Vogler, Lehrbuch der 'praktischen Geometrie,
Braunschweig 1885 und 1894, Hammer, Lehrbuch der elementaren
praktischen Geometrie, Leipzig 1911, Hartner-Wastler, Niedere Geo
däsie, 10. Aufl. Wien 1910, Hohenner, Geodäsie, Leipzig und Berlin
1910 und Eggert, Einführung in die Geodäsie, Leipzig 1907. Ein
wichtiges hauptsächlich für die geodätische Rechenpraxis bestimmtes
Sammelwerk sind die trigonometrischen und polygonometrischen Rech
nungen in der Feldmeßkunst von F. G. Gauß, 2. Aufl. Berlin 1893.
Für das Studium der geodätischen Instrumentenkunde sind Voglers
Abbildungen geodätischer Instrumente (mit ergänzendem Text), Berlin
1892, ein vorzügliches Hilfsmittel. Die von W. v. Dyck verfaßte Lebens
beschreibung Georg von Reichenbach, München 1912, gibt sehr interes
sante Aufschlüsse über die unvergänglichen Verdienste Reichenhachs um
die Entwicklung der geodätischen (und astronomischen) Meßinstrumente.
Reiche literarische Fundgruben sind auch die verschiedenen geo
dätischen Fachzeitschriften. Insbesondere bringt die Zeitschrift für
Vermessungswesen neben zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen
alljährlich eine Zusammenstellung der Neuerscheinungen auf dem
Gesamtgebiet der Geodäsie und den angrenzenden Wissensgebieten.
Unter den anderen Zeitschriften nehmen die Zeitschrift des Ver
eins der höheren bayerischen Vermessungsbeamten (früher Zeitschrift des
Bayerischen Geometervereins) und die Zeitschrift für Instrumenten
kunde eine hervorragende Stelle ein.