Der mehrdimensionale Raum.
267
hat, jeden andern Zugang zur mehrdimensionalen Geometrie ent
behren zu können, so mufs eine solche Ansicht als unrichtig be
zeichnet werden. Nur so lange es sich um die Teilung und um
die Erzeugung der Grenzgebilde handelt, genügen die Mannig
faltigkeiten der bezeichneten Art. Sobald es sich aber um die
Art und Weise handelt, nach der die Elemente auf einander be
zogen werden sollen, treten meistens Besonderheiten ein, durch
welche die weiteren, für den Aufbau unentbehrlichen Voraus
setzungen wesentlich beeinflufst werden. Nimmt man z. B. die
.gerade Linie als Raumelement, so gelangen wir allerdings zu
einer vierfach ausgedehnten Mannigfaltigkeit; aber durch das ein
zelne Element ist bereits ein dreidimensionales Gebilde bestimmt,
nämlich die Gesamtheit aller geraden Linien, die von der gege
benen Linie geschnitten werden. Will man also die geraden
Linien des Raumes auf einander beziehen, so muis das in der
Weise geschehen, dafs auch jedesmal die angegebenen dreidimen
sionalen Gebilde auf einander bezogen werden. In ähnlicher
Weise bildet die Gesamtheit der Kreise in der Ebene eine dreifach
ausgedehnte Mannigfaltigkeit; aber sobald ein Kreis gewählt ist,
wird durch ihn auch die Gesamtheit der ihn berührenden Kreise,
also eine zweifach ausgedehnte Mannigfaltigkeit, bestimmt; zudem
zerfallen die sämtlichen Kreise in zwei Gruppen in der Art, dafs
die Kreise der einen Gruppe den gegebenen Kreis schneiden, die
der andern Gruppe keinen Punkt mit ihm gemeinschaftlich haben.
Solche Besonderheiten werden aber fast regelmäfsig auftreten.
Aus diesem Grunde scheint es nicht möglich zu sein, den vier
dimensionalen euklidischen Raum dadurch zu versinnlichen, dafs
man ein Gebilde des Erfahrungsraumes als Element einer vierfach
ausgedehnten Mannigfaltigkeit wählt.
Die Dreizahl der Dimensionen wird durch jede Erfahrung
bestätigt; es ist deshalb nicht nötig, zum Beweise mit Kant noch
auf Newtons Gravitationsgesetz hinzuweisen, da, wie Benno Erd
mann hervorhebt, bei dem Versuche, dies Gesetz als notwendig
nachzuweisen, die Gültigkeit von Sätzen angenommen werden
mufs, die nicht unbestreitbar sind. Dagegen kann die Notwendig
keit dreier Dimensionen nicht aus dem Begriffe einer Teilbarkeit,
bei der die Teile in Zusammenhang mit einander stehen, her
geleitet werden. Dies Resultat, das aus den durchgetührten