Full text: Einführung in die Grundlagen der Geometrie (2. Band)

Anwendung der Transformations-Gruppen. 
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Die von Wundt aufgestellte Definition des Raumes (VII § 6) ist 
nicht streng; auch wird es nie gelingen, von ihr aus die fundamen 
talen Eigenschaften des Raumes zu beweisen. Dennoch müssen wir 
dem zu Grunde liegenden Gedanken unbedingt zustimmen. Wundt 
geht von Begriffen aus, die in ihrer weiteren Bedeutung über 
alles Räumliche hinausreichen; er sucht sie aber in solcher Weise 
zu verbinden und dadurch zu beschränken, dafs der neue Begriff 
mit dem des Raumes zusammenfällt. Dies Verfahren kommt im 
Wesen ganz auf dasjenige hinaus, welches wir in den letzten 
Paragraphen eingeschlagen haben. Unseren allgemeinen Raum 
formen liegen Begriffe zu Grunde, welche durchaus nicht auf den 
Raum beschränkt sind, da den Grundsätzen, wenngleich sie zu 
vörderst durch räumliche Abstraktionen gewannen sind, an sich 
nichts Räumliches anhaftet. Das von uns gewählte Wort Raum 
form thut, wie aus den beigefügten Erläuterungen hervorgeht, 
nichts zur Sache, da wir diese Wahl nur getroffen haben, um 
anzudeuten, dafs unter allen Wissenszweigen, denen diese Be 
zeichnung beigelegt werden kann, der Raum (im wahren Sinne) 
der wichtigste ist. Demnach kommt Lies Fassung des von ihm 
nach Riemann und Helmholtz benannten Problems im wesent 
lichen auf die Aufgabe hinaus, die sich Wundt bei seiner Definition 
stellt; es handelt sich ja in beiden Fällen nur darum, eine der 
artige Verknüpfung allgemeinerer Begriffe zu finden, dafs der neu 
gewonnene Begriff mit dem des Raumes identisch wird. Viel 
leicht tritt die Übereinstimmung zwischen den beiden Problemen 
bei der in VIII § 10 angegebenen Formulierung noch deutlicher 
hervor. 
Wir dürfen jedoch in diesen Erörterungen nicht weiter gehen, 
ohne uns auf den Boden der Philosophie zu begeben, den wir 
glauben hier nicht betreten zu sollen. Demnach wenden wir uns 
den übrigen Untersuchungen zu, welche in den beiden letzten 
Abschnitten angestellt sind. Auf die Darlegungen über Winkel, 
Gerade und Ebene gehen wir nicht nochmals ein, weil sie nur 
orientieren sollen und nicht als abschliefsend angesehen werden 
können. Im zehnten Paragraphen des siebenten Abschnitts haben 
wir ein System von Begriffen und Sätzen aufgestellt, von dem 
wir glauben, dafs es eine geeignete Grundlage für die Geometrie 
bildet. Aber diese Grundsätze werden aufser dem Raume auch
	        
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