Full text: Einführung in die Grundlagen der Geometrie (2. Band)

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Fünfter Abschnitt. § 8. 
Bewegung dem einen und beim Ende der Bewegung dem andern 
Teile an, so mufs er während der Bewegung mindestens einmal 
auf die Grenze der beiden Teile gelangen. 
4. Dies Axiom liefert uns den Nachweis für den einen der 
beiden Sätze, die wir im vorigen Paragraphen vorausgesetzt haben, 
indem sich mit seiner Hilfe zeigen läfst, dafs jede Strecke in be 
liebig viele gleiche Teile zerlegt werden kann. Um z. B. die 
Möglichkeit der Halbierung zu erkennen, ohne die bekannte Kon 
struktion zu benutzen, nehme man auf der Strecke AB einen 
beliebigen Punkt C an; dann ist entweder AB = BC, oder einer 
der beiden Teile ist gröfser als der andere. Ist AC > CB, so 
mache man AD = CB und findet AD <f DB. Läfst man einen 
Punkt X von D nach C sich bewegen und macht AY = 2AX, 
so bewegt sich zugleich Y von E nach F, wo E der Strecke AB 
angehört, F über B hinaus liegt. Es mufs also Y den Punkt B 
erreichen, und der zu dieser Lage von Y gehörende Punkt X 
ist die Mitte von AB. 
Hiernach kann man jede Strecke in v gleiche Teile zerlegen, 
wofern v eine Potenz von 2 ist. Für eine andere Zahl v suche 
man eine Potenz von 2, die gröfser ist als v. Da es solche 
Potenzen von 2 giebt, kann man durch wiederholte Halbierung 
eine Strecke AG finden, die, ^-mal als Summand gesetzt, eine 
Strecke liefert, welche kleiner ist als AB. Dann ist offenbar 
^GB gröfser als AB, Somit läfst sich der für v — 2 angegebene 
Beweis für jedes v durchführen. 
Wofern man den angeführten Satz auf diese oder eine ähn 
liche Weise beweist, beruht jeder geometrische Lehrsatz, bei dem 
eine Messung benutzt wird, auf dem Axiom der Stetigkeit. Das 
gilt in Euklids Lehrgebäude für die ganze Ähnlichkeitslehre, sowie 
auch, worauf wir kurz hinweisen wollen, für die analytische Be 
handlung der Geometrie. Daran ändert sich auch nichts, wenn 
man, statt die Möglichkeit der Zerlegung nur principiell herzu 
leiten, den jAen Teil einer Strecke direkt durch eine Konstruktion 
vermittelt, da der Beweis für die Richtigkeit der Konstruktion 
das angegebene Axiom ebenfalls benutzt. 
5. Wenn das Axiom der Stetigkeit in der Geometrie nicht 
entbehrt werden kann, so ist es offenbar gestattet, dasselbe auch 
in solchen Fällen anzuwenden, wo es zwar nicht unbedingt not-
	        
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