Full text: A - B (1. Band)

Astrologie. 
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Astronomie. 
ganzen Schöpfung? Hatten Monarchen 
und deren Völker nicht kosmische Be 
deutung und stand nicht eben darum 
jeder einzelne Mensch weltlich höher? 
Lehrt nicht selbst die Bibel, dafs Gott 
Sonne, Mond und Sterne nur der Erde 
wegen geschaffen habe? — Mose 1, 15: 
„Und seien Lichter an der Veste des 
Himmels, dafs sie scheinen auf Er 
den. Und es geschah also.” 16: „Und 
Gott machte zwei grofse Lichter, ein grofs 
Licht, das den Tag regiere, und ein klein 
Licht, das die Nacht regiere. 1) a z u auc h 
Sterne.” 17: „Und Gott setzte sie an 
die Veste des Himmels, dafs sie schie 
nen auf die Erde.” — 
Und welche Macht hatten grofse Männer 
über Sonne, Mond und Sterne? — Josua, 
der Nachfolger Mosis, nachdem er mit 
dem lieben Gott persönlich Rücksprache 
genommen, sprach (Josua 10, 12) Ange 
sichts seines Heeres: Sonne, stehe stille 
zu Gibeon und Mond im Thale Ajalon; 
(10, 13): Da stand die Sonne und der 
Mond stille, bis dafs sich das Volk an 
seinen Feinden rächete. Also stand die 
Sonne mitten am Himmel und verzog 
unterzugehen beinahe einen ganzen Tag! 
Wenn alle gebildeten Völker der Erde 
und aller Religionen solche und ähnliche 
historischen Thatsachen aufzuweisen hat 
ten, wenn Könige der Erde unmittelbar 
von Göttern mit Königstöchtern erzeugt 
oder dem Schoofse von Göttinnen ihr 
Dasein verdankten, so war nichts natür 
licher, als dafs die Sterne nur deshalb 
die Erde umkreis’ten, damit sie sich um 
die daselbst befindlichen hohen Personen 
um so specieller bekümmern könnten, 
dafs sie zu ihnen ermunternde, beistim 
mende, warnende, zürnende Worte sagten, 
in einer klaren, unverhohlenen Sprache, 
in der Sprache der Constellationen, welche 
die schriftgelehrten Priester verstanden 
und die Güte hatten zu übersetzen. 
In um so höherem Ansehn mufsten 
diese Wahrsagungen mit den Wahrsagern 
selbst bei dem Volke stehen, dies Ansehn 
sich von Generation zu Generation fort 
erben, auch Personen niederen Ranges 
Constellationen für sich in Anspruch neh 
men, und diese sich von Weisen ent 
ziffern lassen, weil sich immer solche fan 
den, die mit einem dem Vermögen des 
Fragestellers angemessenen Honorar zu 
frieden waren. 
Mit Galilei’s Bestätigung des coperni- 
canischen Systems, dafs der gestirnte 
Himmel und die Sonne an ihrem Kreis 
lauf um die Erde ganz unschuldig seien, 
dafs also unsere Erde nicht nur nicht die 
Hauptperson der Schöpfung, sondern ein 
äufserst kleines und höchst untergeordne 
tes Gliedchen an der Kette des Weltalls 
ausmacht, mufste der Dünkel der Men 
schen tief herabsteigen! — Aber was 
sträubt sich mehr als menschlicher Dün 
kel? — Das Licht war zu grell, zu viel 
Licht auf einmal blendet, es wurden die 
mit göttlichem Geist beseelt gewesenen 
Bibelverfasser in ihrer Autorität ange 
griffen, das Licht war ein Irrlicht, Galilei 
erhielt für seine schnöde Lehre den wohl 
verdienten Lohn, das copernicanische 
System machte sich nur langsam spärliche 
Bahn. Aber wenn heut, nach 400 Jah 
ren, nur noch Wenige es läugnen, der 
Dünkel der Menschen hat in demselben 
Maafse mit jenen Längnern nicht abire- 
nommen: 
Wir leben in einer Zeit, welche für die 
in derselben sich bewegenden geistlichen 
Richtungen viel zu aufgeklärt ist; wir 
sehen Traum- und Zeichendeuter, Karten 
leger, kurz: Wahrsager aller möglichen 
Gattungen und Systeme bei vornehmen 
Leuten ihr Glück machen; wir hören und 
lesen Bibelauslegungen und (Konsequenzen 
daraus, dafs der liebe Gott darüber sich 
erbarmen möchte, und dürfen uns daher 
nicht wundern, dafs heut noch der Mysti- 
cismus auch astrologische Richtungen 
hat, dafs Menschen sich herausnehmen, 
auch diejenige Bibel durch verquatschende 
Auslegungen herabzuziehen, welche der 
liebe Gott ohne Hülfe von sogenannten 
inspirirten Menschen, sondern ganz allein 
geschrieben hat, das Fundament einer 
einzigen und nicht zu verfälschenden 
Religion für Verehrung und Anbetung 
eines einzigen Gottes, in dem gestirnten 
Himmel das Weltgebäude, und für die es 
nur ein einziges Priesterthum giebt: die 
Wissenschaft in ihrer Wahrheit. 
Astronomie («OTijo, Gestirn, vofios, An 
ordnung , Gesetz). H immelskunde, 
Sternkunde, die Lehre von den am 
Himmel befindlichen Gestirnen und den 
Gesetzen, nach welchen sie sich bewegen. 
Sie wird eingetheilt in die t h e o r e t i s c h e 
und in die praktische A. Erstere zer 
fällt in die sphärische, in die theo 
retische und in die physische A.; 
letztere in die beobachtende und in 
die rechnende A. 
Die sphärische A., so genannt, weil 
der Himmel als eine hohle Halbkugel er 
scheint, heifst auch empirische A., 
weil hier erfahrungsmäfsig die bei den 
Astronomen üblichen Namen und Ein- 
theilungen gelehrt werden; auch Astro- 
g n o s i e, weil sie eigentlich die der höhe 
ren Himmelskunde vorangehende Him 
melsbeschreibung ist.
	        
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