10
Capillarität.
Capillarität.
die Krümmung erhaben, an dem Rande
absteigend. So weit der Spiegel eben ist,
so weit wirkt die Schwerkraft allein, und
wieder von Abhäsion noch von Cohäsion
eingeschränkt. Wo aber die Krümmung
beginnt, da beginnt auch der Einflufs der
Adhäsion oder der Cohäsion und er stei
gert sich bis an den Rand, wo er am
gröfsten wird. Die Wassermenge, welche
gegen den Rand über dem mittleren
Wasserspiegel in die Höhe gezogen wor
den, drückt zugleich die Kraft aus, mit
welcher die Adhäsion der Schwere das
Gleichgewicht hält, denn um dieselbe
Wassermenge ist der Wasserspiegel ge
sunken. Eben so drückt die Quecksilber
menge, welche längs dem Rande unter
halb des mittleren Spiegels fehlt, die Kraft
der Cohäsion gegen die Schwere aus,
denn um dieselbe ist der Quecksilber
spiegel in der Mitte gestiegen.
Je weiter die Röhre ist, auf desto mehr
Flüssigkeitstheile wirkt die Schwere, desto
weiter nach dem Rande pflanzt sie sich
fort, desto geringer werden die Randwir
kungen und desto schmaler die Krüm
mungen längs derselben. Je enger da
gegen die Röhre, je geringer ist die Menge
der Flüssigkeitstheilchen, auf welche die
Schwere ungehindert wirkt, desto weniger
Einflufs hat sie auf die Randflüssigkeit,
und deren Krümmungen werden breiter.
Ist eine cylindrische Röhre so eng, dafs
die mittlere Ebene in einen Punkt ver
schwindet, so findet keine alleinige Wir
kung der Schwere mehr statt, und die
Röhre ist ein Capilla ritätsgefäfs,
welches schon bei 4 Zoll Durchmesser
anfängt, so dafs die Röhre wegen dieser
noch bedeutenden Weite nicht gut schon
Haarröhrchen genannt werden kann.
Die Wirkung der Adhäsion, so wie die
der Cohäsion auf eine Flüssigkeit im
Haarröhrchen, die C., wächst natürlich
mit der Länge des Randes, die ihr ent
gegenwirkende Schwerkraft wächst (oder
die C. nimmt ab) mit der Summe der
Flüssigkeits-Elemente, auf welche die
Schwere wirkt, also mit dem Querschnitt
der Röhre; bezeichnen also D, d die Durch
messer zweier Haarröhrchen, C, c deren
Capillaritätswirkungen, so ist
1) C: c = 7i D : ti d
2) C : c = —-—:—-—
— D 2 JL d 2
4 4
mithin
woraus das Gesetz hervorgeht:
die Capillaritäten zweier ver
schieden weiten Röhren für
einerlei Flüssigkeit verhal
ten sich umgekehrt wie deren
Durchmesser.
Dieses Gesetz modificirt sich um etwas
nach folgender Betrachtung:
Wird ein Haarröhrchen A in eine
in dem weiten Gefäfs B befindliche Flüs
sigkeit getaucht, welche die Wandung
der Röhre benetzt, so macht sich die C.
dadurch geltend, dafs die Flüssigkeit der
Schwere entgegen in das Röhrchen um
eine Höhe h aufsteigt und eine Oberfläche
bildet, die näherungsweise als Hohlkugel
fläche von dem Halbmesser r der Röhre
betrachtet werden kann. Die C. wird also
ausgesprochen durch das Gewicht der auf
gestiegenen Flüssigkeit; der Raum-Inhalt
derselben ist ein Cylinder von der Höhe
h und dem Halbmesser r = nt 2 h -f einem
Fig. 276.
Meniscus von der Höhe r und dem Halb
messer r, der also = ist einem Cylinder
von dem Halbmesser r und der Höhe
r — 7ir 3 — einer Halbkugel von dem Halb
messer r = %nr 3 . Der Rauminhalt der
aufgezogenen Flüssigkeit ist demnach
Tir'Bl -f 71 r 3 — J 77 r 3 = 77 r 2 (h + ^ f)
Nennt man das Gewicht der Kubik-
einheit y, so hat man die Capillarität
= nr 2 (A -f- \r)y
Bezeichnet man wie oben die Capilla
rität der Längeneinheit mit c, so beträgt
dieselbe für die Röhre vom Halbmesser
r (weil deren Wandumfang = 2nr ist)
2nrc, und man hat
2nrc — nr 2 (h + j r)y
woraus
c = r(A + |r)-|-
oder
— = r (A + \r)
(1)
und
Y
o r
h=~-\r
yr
(2)