Full text: R - S (6. Band)

Raumlehre. 
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Raumlehre. 
teten Linien oder andern Raumgrössen 
definirt. Der Zusammenhang zwischen 
allen Punkten, welche eine Linie oder 
Fläche bilden, ist dann durch eine Glei 
chung gegeben, und Aufgabe der analy 
tischen Geometrie ist es dann, aus dieser 
Gleichung alle Eigenschaften des betref 
fenden Raumgebildes abzuleiten. — Beide 
Methoden bieten sich oft einander er 
gänzend und erläuternd die Hand. Selbst 
verständlich ist eine analytische Geometrie 
ohne die Anfangsgrüude der synthetischen 
undenkbar. Im Uebrigen ist die erstere 
der letzteren an Fülle der Resultate, an 
Allgemeinheit derselben und an Einfach 
heit der Methoden unverhältnissmässig 
überlegen. 
Dagegen führt die synthetische Geo 
metrie, was einzelne Probleme anbetrifft, 
oft auf kürzerem Wege zum Ziel und 
zu einfacheren Resultaten. Der Grund 
ist der, dass hei der analytischen Geo 
metrie der Ausgangspunkt ein gegebener 
ist, während in der synthetischen der 
selbe beliebig genommen werden kann. 
Ersteres erleichtert allerdings das An 
greifen einer Aufgabe, und macht die 
Verallgemeinerung derselben leicht mög 
lich, während die Einfachheit des Resul 
tats in irgend einem einzelnen Falle 
durch passende Ausgangspunkte, wie sie 
die synthetische Geometrie frei stellt, ge 
fördert werden kann. — Viele neuere, 
sogenannte analytische Methoden sind in 
Wahrheit als gemischte zu bezeichnen, 
und in der That gelingt es auf diesem 
Wege, sich bis zu einem gewissen Grade 
der Vortheiie beider Hauptmethoden zu 
bemächtigen. — 
Die zunächst folgenden Abschnitte 
dieses Artikels sind bestimmt, die An 
fangsgründe der Raumlehre auf möglichst 
kurzem Wege abzuleiten. Wir beginnen 
mit der ebenen Geometrie, um daran die 
Geometrie im Raume zu knüpfen. 
Was die Definitionen anbetrifft, so be 
ziehen wir uns dabei auf das im Artikel: 
Raumgrösse Gesagte. 
2) Von graden Linien und Win 
keln in der Ebene. 
I. Bezeichnungen. Ein Punkt 
wird durch einen Buchstaben bezeichnet, 
A, B (Fig. 79). Eine grade Linie durch 
zwei, die sich an ihren Endpunkten der 
selben befinden, wenn die Linie begrenzt 
ist, {AB) oder an zwei beliebigen Punk 
ten derselben {CD), wenn sie unbegrenzt 
gedacht ist. — Die Bezeichnung eines 
Winkels ist eine doppelte. Er wird durch 
drei Buchstaben bezeichnet {ABC, CBA) 
wovon sich zwei auf den Schenkeln, der 
Fig. 79. 
A ■ B 
a ; b 
C 1) 
dritte am Scheitelpunkte befindet, wel 
chen man heim Schreiben immer in die 
Mitte setzt, oder durch einen Buchsta 
ben D, der innerhalb des Winkelraums 
gesetzt wird. Ist kein Missverständnis 
zu befürchten, so kann man auch den 
am Scheitelpunkt befindlichen Buchstaben 
B zur Bezeichnung verwenden. 
II. Definition und Satz. Wenn 
man beide Schenkel eines Winkels P 
(Fig. 80) verlängert, so schliessen die 
Fig. 80. 
Verlängerungen einen zweiten Winkel Q 
ein; derselbe wird Scheitelwinkel von P 
genannt. Also: 
Definition. „Scheitelwinkel sind 
solche Winkel, wo die Schenkel des einen 
die Verlängerungen der Schenkel des 
andern sind.“ 
P und Q haben offenbar den gemein 
schaftlichen Nebenwinkel R. Sie werden 
also von demselben Winkel zu einem ge-; 
streckten ergänzt, und sind folglich gleich. 
Dies gibt also den Satz : 
Lehrsatz 1. „Jede zwei zusammen 
gehörige Scheitelwinkel sind gleich.“ 
III. Scholion und Definitionen. 
Man sagt von zwei Linien, dass sie sich 
schneiden, wenn sie einen Punkt gemein 
haben. Zwei Linien, die sich schneiden, 
schliessen, wenn man sie ins Unendliche 
nach beiden Seiten hin verlängert, dem 
nach immer vier Winkel ein {P, Q, R, S), 
von denen immer zwei P und Q einer 
seits und R und S andrerseits Scheitel 
winkel, also gleich sind, von denen ferner 
immer zwei P, /¿und Q, S oder P, S und Q,R 
Nebenwinkel sind, also zusammen je einen 
gestreckten Winkel betragen, und die
	        
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