Raumgrösse.
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Raumgrösse.
geometrischen Betrachtungen ausgeschlos
sen werden. Von der Nothwcndigkeit
dieser Ausschliessung überzeugt man sich
wohl am leichtesten auf folgende Weise.
Jede Linie, die in der Geometrie be
trachtet wird, muss durch irgend ein
Gesetz gegeben sein, welches man auf
eine Bewegung zurückführen kann. Jede
Bewegung aber lässt sich schliesslich
zurückführen auf fortschreitende und
drehende Bewegungen. Die ersteren ge
ben grade Linien, die letzteren Kreise.
Ist nun das Bewegungsgesetz zugleich,
einzelne Punkte höchstens ausgenommen,
ein Continuirliches, wie dies ja sein
muss, da sich sonst nicht ein allgemeiner
Ausdruck für dasselbe finden liesse, so
muss die Linie durch Aneinanderreihung
continuirlich aus einander entstehender
graden Linien und Kreise sich bilden
lassen, und kommt es dann eben nur
darauf an, zu zeigen, dass die Theile
einer Kreislinie sich einer graden annä
hern, wenn sie an Grösse ahnehmen.
Dies aber hat keinerlei Schwien’gkeit
und wird in dem die Kreislinie behan
delnden Theil der Raumlehre ausgeführt.
Eben so einfach ergibt sich dies Prinzip,
wenn man annimmt, dass die Curven
nur der Betrachtung unterliegen, welche
durch eine Gleichung zwischen gradlini
gen Coordinaten (siehe den Artikel: „ana
lytische Geometrie“) gegeben sind. Da
die grade Linie selbst eine lineare Glei
chung zwischen den Coordinaten voraus-
setzt, jede beliebige Gleichung, welche y
als Function von x gibt, aber als linear
betrachtet werden kann, wenn x und y
unendlich klein sind (es folgt dies näm
lich aus den Grundsätzen der Differen
zialrechnung oder dem Taylorschen Satze.
Vergleiche den Artikel: Quantitäten),
einzelne Werthe von y höchstens aus
genommen, so folgt die Eigenschaft der
krummen Linien, sich continuirlich an
grade anzuschliessen, einfach aus dem
Continuitätsprinzipe. Wir fügen hier noch
hinzu, dass Aehnliches von den krummen
Flächen in ihrem Verhältnis zu den
Ebenen gilt, und in gleicher Weise zu
entwickeln ist. Die Ausführung dieser
Betrachtungen, welche geometrische
Kenntnisse voraussetzt, bleibt indessen
den Artikeln: Rectification, Tangente
überlassen.
Raumgrössen (positive und ne
gative).
Die Berücksichtigung der Vorzeichen
bei Raumgrössen ist bekanntlich von
grosser Wichtigkeit. Sie macht es mög
lich Resultate, die durch Rechnung sich
auffinden lassen, in aller Allgemeinheit
durch eine einzige Formel zu geben,
welche sonst in eine Anzahl, oft in eine
sehr grosso Anzahl, einzelner Fälle aus
einanderfallen, und einen ganz besonde
ren Aufwand von Rechnung nothwendig
machen würde. — Jedoch ist die Rich
tigkeit von dergleichen Betrachtungen
um so mehr zu begründen, als sie vielen
Geometern derartige Schwierigkeiten zu
machen scheinen, dass man sehr aus
führlicher Auseinandersetzungen zu de
ren Ueberwindung für nothwendig ge
halten hat, wie dies z. B. in Carnots:
Géométrie de position durch lange Be
trachtungen geschehen ist, welche die
Berücksichtigung der Vorzeichen ersetzen
sollen. — Gehen wir beispielsweise von
Linien aus, so 'möchte allerdings fest
stehen, dass eine begrenzte Linie an sich
weder positiv noch negativ sei, wie auch
ihre Lage beschaffen sei. Zwischen den
Theilen der Linie A C, BC' undRC(Fig. 77)
Fig. 77.
■ B
A C C" ' C
macht sich durchaus kein Gegensatz gel
tend, und was die Linien BC und CB
anbetrifft, so sind ja diese vollständig
identisch, und um so weniger hier ein
Gegensatz vorhanden. Letzterer aber
tritt ein, wenn wir die Linie als Entfer
nung des Anfangspunktes vom Endpunkte
oder wie wir uns hier ausdrücken wollen,
um einen auch auf Flächen und Körper
übertragbaren Ausdruck zu haben, als
ihren Zwischenraum betrachten. Wir
wollen dies hier etwas genauer zu be
gründen suchen.
I. Unter Zwischenraum zweier Punkte
A und ß, welche auf einer gegebenen
(graden oder krummen) Linie liegen, ver
stehen wir den zwischen ihnen befind
lichen Theil dieser Linie mit der Maass
gabe, dass der Zwischenraum zugleich
angibt, welchen Punkt man als Anfangs
punkt und welchen als Endpunkt des
selben betrachtet. Es sind also die
Zwischenräume AB und BA nicht iden
tisch, da der erstere die von A nach B
führende Strecke, der letztere die von
B nach A führende angeben soll.
II. Die Zwischenräume zweier Punkte
auf Linie AC sind entweder gleich ge
richtet mit AB oder mit BA, z. B. AC,