Quadratur ebener Figuren. 353 Quadratur ebener Figuren.
des Integrirens auf verschiedenen Wegen
und der dadurch bedingten Mehrdeutig
keit der Integrale, Cauchy zu zuschreiben.
Die Durchführung dieser überaus frucht
baren Methode hat es nicht allein mög
lich gemacht, die Integralrechnung von
vielen ungenauen oder unklaren Ausfüh
rungen zu befreien, sondern dieselbe auch
wesentlich gefördert und erweitert. Wie
sie denn in der Theorie der Functionen
im Allgemeinen, und der mehrfach pe
riodischen im Besondern, der Reihenent
wicklung u. s. w., bereits wichtige Re
sultate gegeben hat, und namentlich in
ihrer Ausdehnung auf die Integrale der
Differenzialgleichungen, welche nament
lich durch Weierstrass und Riemann be
gonnen ist, noch Bedeutenderes erwarten
lässt.
Quadratur ebener Figuren (Geometrie).
1) Einleitung.
Dem Wortsinne nach versteht man un
ter der Quadratur irgend einer Figur ihre
Verwandlung in ein Quadrat, d. h. die
geometrische Construction eines Quadra
tes, welches mit ihr gleichen Flächen
inhalt hat.
Da diese Aufgabe für gradlinige Fi
guren eine der leichtesten der Elementar
geometrie ist (siehe den Artikel: Qua
drat), so kommt sie nur für solche Fi
guren in Erwägung, welche ganz oder
zum Theil von krummen Linien begrenzt
sind.
Statt eine solche Figur in ein Qua
drat, kann man sie nach dem Obigen
anch in eine beliebige von graden Linien
begrenzte Figur, etwa in ein Dreieck,
verwandeln, und die Aufgabe ist dann
gelöst, da letzteres sich sogleich in ein
Quadrat verwandeln lässt. Bei den mei
sten Curven ist jedoch eine solche geo
metrische Construction mittels der Werk
zeuge der elementaren Geometrie, dem
Kreise und der graden Linie schlechter
dings unmöglich, und daher eine solche
Quadratur im engsten Sinne nicht zu
leisten. Es ist bekannt, wie viel vergeb
liche Versuche, z. B. der Quadratur des
Kreises in diesem Sinne gewidmet wor
den sind, und wohl von Autodidakten
noch gewidmet werden. Jedoch ist hier
ein Erfolg aus dem angeführten Grunde
unmöglich.
Nicht zu bezweifeln ist es dagegen,
dass mit andern mechanischen Hülfs-
mitteln, als Zirkel und Lineal sind, die
Quadratur jeder Figur zu leisten ist.
Jedoch wäre ein solches Beginnen nur
in wenigen Fällen von einigem wissen
schaftlichen Interesse.
Indessen lässt sich dem Worte Qua
dratur ein andrer aus der Elementar
geometrie in die Analysis führender Be
griff unterlegen.
Bei der Bestimmung des Flächeninhalts
der Figuren legt man bekanntlich als
Einheit immer ein Maass unter, welches
ein Quadrat ist, dessen Seite die als
Längeneinheit gewählte Strecke bildet.
(Z. B. Quadratfuss oder Quadratzoll, je
nachdem ein Fuss oder Zoll die Einheit
des Längenmaasses ist.) Hat man also
für den Flächeninhalt einer Figur irgend
eine Formel oder Zahl, so stellt dieselbe
eine gleiche Anzahl Quadrate vor, deren
Seite die Längeneinheit ist, oder einen
Theil eines solchen Quadrates, der immer
als Rechteck gedacht werden kann. Da
nun jede Anzahl von Rechtecken oder
Quadraten leicht in ein Quadrat, ver
wandelt werden kann, so ist die Aufgabe
der Quadratur als gleichbedeutend mit
der Bestimmung des Flächeninhalts einer
Figur zu setzen,
Eine solche analytische Bestimmung
des Flächeninhalts wird aber nur dann
eine geometrische Quadratur im engem
Sinne möglich machen, wenn die Zahl
oder Formel, welche den Flächeninhalt
ausdrückt, rational, oder wenn sie die
Wurzel einer quadratischen Gleichung ist,
da nur solche Ausdrücke sich geometrisch
construiren lassen (vergleiche hierüber den
Artikel: quadratische Gleichungen).
Unter Quadratur wird hier, wie allge
mein üblich, also nur die Bestimmung
der Flächeninhalte zu verstehen sein.
Für diese Aufgabe gibt die Integral
rechnung ein allgemeines Mittel, und ist
dieselbe gewissermassen die geometrische
Deutung des Integrirens im engem Sinne,
weshalb dasselbe auch, wie im vorigen
Artikel geschehen, als analytische Qua
dratur bezeichnet wird.
Ehe wir jedoch auf diese allgemeine
Aufgabe eingehn, wird es nöthig sein,
auf die Quadratur einiger der bekann
testen Figuren, soweit dieselben einer
elementaren Behandlung zugänglich sind,
hier einzugehen. Wir beginnen dabei mit
dem Kreise.
2) Quadratur des Kreises.
Man kann unter dem Ausdruck Qua
dratur des Kreises sowohl die Berech
nung des Flächeninhalts des ganzen
Kreises, als einzelner Kreisstücke, z. B.
Sectoren oder Segmente verstehen. Die
ersteren lassen sich, so wie der ganze
Kreis mittels einer einzigen Irrational
zahl, der sogenannten Ludolphschen Zahl
oder der Zahl n berechnen, welche das
23