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Gerichtsurtheile.
zur Bedingung macht, seinem innern Gefühle, welches sich mei
stens nach der Kenntniß der Gesetze und Menschen richtet, durch
Umsicht und Scharfsinn bestimmt und durch viele vorausgegan
gene Erfahrungen bei ähnlichen Fällen unterstützt wird, zu fol
gen und dem gemäß zu handeln. Der Richter hat überdieß die
Größe der Strafe oder das sogenannte Strafmaaß wohl in's
Auge zu fassen, weil die Strafe offenbar dem Verbrechen ange
messen sein muß, und besonders die Beweise für die auszuspre
chende Todesstrafe ein ganz anderes Gewicht als die für eine Ge-
sängnißstrafe von einem oder etlichen Jahren besitzen müssen, in
dem sonst z. B. schwere Strafen auf leichte Verbrechen gesetzt
nur dazu beitragen würden, viele besonders schwere Schuldige
ganz freizusprechen. Uebcrhaupt gilt als Regel: das Maaß
derGefahr, das für die bürgerliche Gesellschaft aus
der Freisprechung des Schuldigen unfehlbar entste
hen kann, ist gleich der Wahrscheinlichkeit, es sei das
Verbrechen wirklich begangen worden, multiplicirt
durch die Größe des Verbrechens.
F. 54. Um nun die Wahrscheinlichkeit, ein solches durch die
Mehrheit der stimmenden Richter ausgesprochene Urtheil sei wirk
lich ein gerechtes Urtheil, zu finden , ist Folgendes zu berücksichti
gen. Offenbar geht aus der nur eine einzige Stimme betragen
den Differenz zwischen den verurtheilcnden und lossprechenden
Stimmen die große Zweifelhaftigkeit des zu verhandelnden Ge
genstandes und also auch die nichthumane Verurtheilung des
Angeklagten hervor. Dagegen wird ein durch die Totalität aller
Stimmen ausgesprochenes Urtheil eine sehr große Wahrscheinlich
keit für die Gerechtigkeit einer solchen Sentenz geben, obschon
diese Unanimität der Stimmen keine nothwendige Bedingung
für eine schwere Strafe sein kann, indem, da die Totalität der
Stimmen veryältnißmäßig nur selten eintreten wird, sonst gewiß
zu viele Schuldige ungestraft loskommen würden.
Beides, diese Unanimität der Richter, und jene nur eine
Stimme betragende Differenz zwischen der Majorität und Mino
rität sind Extreme, die man vermeiden muß.
8. 55. Soll jedoch a) jene Differenz als zur Ent
scheidung noch geltend angesehen werden, so ist die
Differenz bei einer größern Anzahl von Richtern
auch verh altnißmäßig zu vergrößern; und soll b) die
Unanimität der Stimmen als sicher entscheidend
gelten, so ist die'Anzahl derRichter verhältnißmäßig
zu vermindern.
§. 56. Es sei nun überhaupt p -f- q die Anzahl sämmtli
cher Richter eines Tribunals, von welchen p den Angeklagten \
verurtheilen, q aber ihn freisprechen; so wird die Wahrscheinlich-
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