78
oder die für verschiedene Örter ungleichen
absoluten Zeiten derselben Phase
zu Grunde legt. Wir werden hier vorzugsweise das letztere, als das
wissenschaftlich bedeutendste Verfahren einer näheren Besprechung unter
ziehen, von dem anderen Verfahren aber nur die leitenden Gesichts
punkte mitteilen.
a) Methode der verschiedenen Dauer
(von Halley, 1656—1742, der überhaupt die Venusdurchgäng zuerst — 1716 —
zur Bestimmung der Sonnenparallaxe in Borschlag brachte).
Sehen wir von der rotierenden Bewegung der Erde einen Augen
blick ab und nehmen an, die Konjunktion der Venus mit der Sonne
fände genau im Moment eines Knotendurchgangs statt, dann würde
für einen Beobachter im Erdmittelpunkte die Venns offenbar die
Sonnenscheibe längs eines ihrer Durchmesser durchwandern. Ein
Beobachter hingegen, der sich aus der Erdoberfläche über die Ekliptik
erhöbe, sähe den Durchgang längs einer aus der südlichen Seite der
Sonnenscheibe liegenden Sehne verlaufen, und bei geniigender Erhebung
würde der Beobachter schließlich nur noch Randberührnng wahrnehmen.
Das Entgegengesetzte müßte eintreten, wenn
der Beobachter von der Ekliptik nach dem Süden
der Erdoberfläche sich bewegte. Auch sieht man
leicht ein, daß infolge der Parallaxe (der Än
derung des Standpunkts) ähnliche Wirkungen
sich ergeben werden, wenn die Konjunktion auch
nicht gerade im Knoten, sondern bei einer ge
wissen nördlichen oder südlichen Breite der Venus
stattfindet.
Was nun den Einfluß der Erdrotation be
trifft, so muß man sich erinnern, daß bei der
unteren Konjunktion die Bewegung der Venus
eine rückläufige ist, daß dieselbe mithin in der
Richtung von Osten nach Westen über die
Sonnenscheibe hinwegzieht. Die Erde aber rotiert
von Westen nach Osten, so daß in jedem Augen- Fig. 22.