Full text: Elemente der Astromechanik: die Störungen der fortschreitenden und rotierenden Bewegung der Himmelskörper, Theorie der Schwere auf der Oberfläche rotierender Sphäroide (Teil 5)

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ihrer Bedingungen — und damit jede tiefer begründete Sternkunde — 
unmöglich. Da es nun am natürlichsten erscheint, zum Zwecke der 
Vergleichung alle Beobachtungen auf den Mittelpunkt der Erde zu 
beziehen, so bildet die Größe und Gestalt der Erde gleichfalls 
einen Teil dieser Untersuchungen. Endlich kann auch eine Kenntnis 
der Entfernungen der Himmelskörper bereits auf dieser 
Stufe nicht entbehrt werden, weil die Parallaxe (die scheinbare Ortsver 
schiebung) derselben hierdurch wesentlich bedingt ist. Insofern nun aber 
die Bestimmung der Entfernungen der meisten Glieder unseres Sonnen 
systems schon eine richtige Vorstellung von den Bewegungsgesetzen der 
Planeten zur Voraussetzung hat, befinden wir uns hier an der 
Übergangsstelle zur zweiten Stufe astronomischer Untersuchung — wie 
sich denn überhaupt eine haarscharfe Demarkationslinie zwischen den 
verschiedenen Teilen einer .und derselben Wissenschaft unmöglich ziehen 
läßt. — Diesen Zweig der Astronomie, der also seine Hauptaufgabe 
in der Konstatierung der astronomischen Thatsachen findet, nennt man 
die sphärische Astronomie. Weil diese Thatsachen ununterbrochene 
Ketten von Erscheinungen bilden und schon in ihrem äußeren Verlaufe 
eine offenbare Gesetzmäßigkeit verraten, so rechnet man in das Gebiet 
der sphärischen Astronomie wohl auch die Darlegung der äußeren 
Ordnung dieser Erscheinungen. 
Der nächst höhere Standpunkt richtet sich sodann auf Erforschung 
der inneren Ordnung der Thatsachen, d. h. der Gesetze, welche ihren 
Verlauf bestimmen und erklären. In erster Linie handelt es sich dabei 
um die Auffindung eines Erklärnngsgrunds für die zeitliche und räum 
liche Aufeinanderfolge der wirklich beobachteten, dann aber auch 
der noch zu erwartenden Thatsachen. Denn vornehmlich in der 
Übereinstimmung der aus dem Erklärungsgrunde (der Hypothese) 
vorausgesagten Erscheinungen mit dem Eintreffen derselben liegt 
die Gewähr für die Richtigkeit der Hypothesen. Derjenige Zweig der 
Astronomie, welcher die empirische Begründung dieser Hypothesen — 
die sich unter dem Namen der Koperniko-Keplerschen Gesetze zusammen- 
fallen lassen —, ferner die aus ihnen gezogenen Folgerungen, die 
Methoden der Vorausberechnung (Finsternisberechnung, Bahnbestimmung 
u. s. f.) behandelt, führt den Namen theorische Astronomie. 
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