Geometrische Deutung des Integrabilitätsfactors.
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ist, ist gleichgültig, da der Multiplicator, mit einer beliebigen Function
des Integrals multipliciert, wieder in einen Multiplicator übergeht.
Diese geometrische Deutung des Multiplicators wollen wir zu
nächst auf einige sehr einfache Beispiele in Anwendung bringen.
1. Beispiel: Wenn man auf allen Normalen einer vorgelegten Curve Beispiele.
ip(x,y) = 0
gleichlange Strecken n ahträgt, so bilden ihre Endpunkte eine neue
Curve. Lässt man n variieren, so erhält man eine Schar von oo 1
Curven, welche bekanntlich die Parallelcurven zur ursprünglichen Curve
heissen. Die Differentialgleichung Xdy — Ydx = 0 einer solchen
Parallelcurvenschar lässt sich stets durch eine Quadratur integrieren,
denn man kann einen Multiplicator derselben angeben. Weil nämlich
der Normalabstand zwischen zwei infinitesimal benachbarten Parallel
curven constant ist, so muss nach unserem Satze 1
1
l/X 2 + Y 2
ein Multiplicator sein. Also:
Weiss man von einer Differentialgleichung Xdy— Ydx = 0, dass
ihre Integralcurven Parallelcurven sind, so ist
1
yx 2 + r 2
ein Multiplicator derselben, sodass man die Integralcurven durch eine
Quadratur bestimmen Tcann.
Eine Parallelcurvenschar besitzt eine gemeinschaftliche Evolute,
die Eingehüllte ihrer gemeinschaftlichen Normalen. Daraus folgt,
dass man die Evolventen einer vorgelegten Curve stets durch eine Qua
dratur finden Tcann, was allerdings auch aus andern Gründen evident ist.
Z. B. die Evolventen der Parabel y = x 2 haben die Differential
gleichung
2 (x -J- ]/x 2 — y)dy -J- dx — 0.
Daher muss
l
V*(x + V« 2 — yY + i
ein Multiplicator dieser Gleichung sein. In der That ist
2 (x -)- y* 2 — y)dy -|- dx
V4 (x + y* 2 — y) 2 + 1
ein vollständiges Differential.