112 II. Abschnitt. Flächen in der Form F{x,y,z) = 0.
Mit dem Dupinschen Satz steht in Zusammenhang
ein anderer, für die Krümmungslinien geltender Satz, näm
lich der
Satz 4. Ist die Schnittkurve zweier Flächen
F= 0 und 0 = 0 für jede von beiden eine Krüm
mungslinie, so ist längs derselben der Winkel beider
Flächen konstant. Umgekehrt: schneiden sich zwei
Flächen allenthalben unter konstantem Winkel, und
ist ihre Schnittkurve Krümmungslinie für die eine
Fläche, so ist sie es auch für die andere.
Der Beweis folgt aus § 12, Satz 2, Zusatz. Längs der
Schnittkurve bilden auf beiden Flächen die Normalen je
eine abwickelbare Fläche. Die Rückkehrkanten derselben
sind also Evoluten der Schnittkurve; die Flächennormalen
beider Flächen in einem Punkt der Schnittkurve bilden
also einen konstanten Winkel, und damit auch die Tan
gentialebenen beider Flächen.
Beachtet man, daß in der Ebene und auf der Kugel
jede Kurve eine Krümmungslinie ist, weil auf diesen Flächen
längs jeder Kurve die Normalen eine abwickelbare Fläche
bilden, so erhält man als speziellen Fall des vorigen
Satzes den
Satz 5 (von Joachimsthal). Schneidet eine Ebene
oder Kugel eine Fläche überall unter konstantem
Winkel, so ist die Schnittkurve eine Krümmungs
linie der Fläche. Umgekehrt: ist eine Krümmungs
linie eben oder sphärisch, so schneidet ihre Ebene
oder Kugel die Fläche überall unter konstantem
Winkel.
Daraus folgt z. B., daß die Meridiane und Parallel
kreise einer Rotationsfläche Krümmungslinien derselben sind.
§ 25. Geodätische Linien. Anwendung auf
Rotationsflächen.
Äußer den bisher betrachteten Kurvensystemen sind
von besonderer Wichtigkeit die geodätischen Linien einer
Fläche, d. h. die Kurven, welche die kürzeste Verbindung
zweier Punkte auf der Fläche bilden. Dieselben wurden
schon in Abschnitt I, § 10 bei den abwickelbaren Flächen
erwähnt, und es wurde dort eine charakteristische Eigenschaft