Metadata: Systematische Rechtswissenschaft (Teil 2, [Häflte 2], Abteilung 8)

259 WILHELM KaAHL: Kirchenrecht. 
hier hinsichtlich der Bedingungen, der Formen und des Maßes des Ver- 
mögenserwerbs (Amortisationsgesetze) den Vorschriften des bürgerlichen 
Rechtes. Aber es ergeben sich aus der mannigfachen Gliederung und 
Zweckbestimmung des Kirchenvermögens auch ebenso viele Beziehungen 
zum Öffentlichen Recht. Vor allem treten zu den aus kirchlichen 
Quellen, wie eigenem Vermögen, Gebühren, Steuern usw. aufgebrachten 
Mitteln ergänzend freiwillig geleistete ordentliche wie außerordentliche 
Zuschüsse aus Staatsmitteln hinzu. Von hier aus rechtfertigt sich vor 
allem die Staatsaufsicht über die kirchliche Vermögensverwaltung, welche 
sich wirksam insbesondere in der Begrenzung der Inanspruchnahme der 
Steuerkraft der Kirchenangehörigen und im Vorbehalte der Genehmigung 
zu gewissen Rechtsgeschäften erweist. Die Verwaltung des örtlichen 
Kirchenvermögens gehört überall, auch in der katholischen Kirche, zur 
Zuständigkeit von kirchlichen Gemeindeorganen, und es sind die materiell 
rechtlichen Normen hierüber vielfach in besonderen „Verwaltungsordnungen“ 
enthalten. Die Einzelheiten dieses privatrechtlich und publizistisch be- 
sonders reichen und interessanten Verwaltungsgebietes können in dieser 
Übersicht nicht einmal anzudeuten sein. 
AÄmter- 2. Größer schon ist die prinzipielle Kluft zwischen katholischem und 
besetzung. eyangelischem Kirchenrecht im Verwaltungsgebiete der Ämterbesetzung. 
Der Gegensatz ist hier durch die Verschiedenheit der Verfassung bedingt. 
Kath. Recht. Die Bischofsstühle werden nach der Regel des kanonischen Rechtes 
durch Wahl der Domkapitel mit nachfolgender päpstlicher Bestätigung 
besetzt. Dabei ist zur Wahrung der staatlichen Interessen in Preußen und 
der oberrheinischen Kirchenprovinz die Einsendung einer durch Vorwahl 
festgestellten Liste vorgesehen, von welcher der Landesherr die nicht ge- 
nehmen Kandidaten streicht. In Bayern geschieht nach Konkordat die 
Besetzung‘ durch landesherrliche Nomination mit nachfolgender päpstlicher 
Institution. Die Kanonikate in den Domkapiteln werden in partikular- 
rechtlicher Verschiedenheit durch alternierende Ernennungen von Bischof, 
Kapitel oder Landesherrn verliehen. Die freie Besetzung der Pfarr- 
ämter innerhalb der Diözese gehört zu den ordentlichen Jurisdiktions- 
rechten des Bischofs, soweit ihn nicht im KEinzelfalle das Präsentations- 
recht eines Patrons beschränkt. Das staatliche Recht wird dabei ent- 
weder durch landesherrliche Bestätigung, wie in Bayern, oder durch den 
Vorbehalt eines Einspruchrechts, wie in Preußen und anderwärts, gewahrt. 
Evang. Recht. Gegenüber der im ganzen einheitlichen und geschlossenen Ordnung des 
kanonischen Rechtes bietet hier das evangelische Kirchenrecht ein außer- 
ordentlich wechselvolles Bild. Zwar die Ämter des Kirchenregiments 
werden fast ausnahmslos nach gutachtlichem Vorschlag kirchlicher oder 
staatlicher Behörden durch den Inhaber der Kirchengewalt besetzt. Große 
Rechtsverschiedenheiten dagegen bestehen hinsichtlich der Besetzung der 
Pfarrämter. Reformatorisches Prinzip wäre die allgemeine Berufung 
durch Gemeindewahl gewesen. Statt dessen wurde in den Gebieten der 
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