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IV. Auch die Verschiedenheit der Verfallzeit macht den
Wechselkurs höher oder niedriger. Kurzsichtige Wechsel haben
natürlich einen größer» Werth, als langsichtige, weil sie früher
bezahlt werden, indem sich die Kaufleute, wie im ersten Lande
bei der Lehre von Rechnungsauszügen oder Kurrent-Rechnungen
gezeigt wurde, gegenseitig die Interessen berechnen, und daher
dem Trassenten für einen kurzsichtigen Wechsel das Interesse frü
her belastet wird, als für einen langsichtigen, und er somit bei
dem Rechnungsabschlüsse ein größeres Intereste zu zahlen hat.
Z. L. der Wechselkurs auf Hamburg stünde in Wien für kurze
Briefe 146, der Diskont wäre in Hamburg 6 °/ 0 pr. Anno; was
für einen Kurs würde das für Wechsel von einer dreimonatlichen
Verfallzeit geben? Hier müßie man den Diskont auf 2 Monate
in Anschlag bringen, weil man annehmen kann, daß auch kurze,
z. B. Uso-Wechsel, wenn sie heute in Wien auf Hamburg ausge
stellt werden, erst in einen Monat darauf daselbst bezahlt werden,
da man die Zeit berücksichtigen muß, welche der Wechsel braucht,
eh er nach Hamburg gelangt. Da nun 6 °/ 0 jährlich, auf-2 Mo
nat ein Interesse von 1 % ausmacht, so wird sich der Kurs nach
dem Verhältnisse von 100 : 101 erhöhen, und man hat:
, 100 : 101 = 145 : X
x — 146-45.
Gesetzt aber, der Kurs stünde in Wien für Wechsel, welche
drei Monat nach dato lauten, zu 146; wie würde er für kurze
Briefe seyn? Hier müßte man das Verhältniß umkehren und
101 in das erste Glied setzen. Man härte also:
101 : 100 — 145 x
x — 143-564 = i43^.
Der Hamburger müßte aber geradezu aufdie entgegengesetzte
Weise raisonm'ren; denn er gibt im Wechsel mit Wien die verän
derliche Valute weg, das heißt er gibt für 200 Mk. Bko. 145 fl-,
also nicht Geld seiner Währung, sondern Wiener Geld, und für
ihn ist es laut $. 34 besser, wenn der Kurs mit einer großer»
Zahl ausgedrückt wird. Wenn also angenommen wird, daß in
Hamburg kurze Briefe 146 gelten, und der Diskont in Wien 6 a / 0
wäre, so würden langsichtige Wechsel 146-46, kurzsichtige
aber 143-664 gelten; denn was dem Wiener zum Nutzen ist, ist
dem Hamburger zum Schaden.
$. 36. Die oben angegebenen vier Punkte sind die natür
lichsten Ursachen des Steigens oder Fastens der Wechselpreise;
zuweilen aber ist das Eine oder Andere bloß Folge der Umtriebe