Full text: Mathematik und Logik

Forschen und Darstellen. 
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Beweisschritte als unerläßlich. Die Beweisschritte selbst 
dürfen sich nur auf die Fügemittel stützen, nicht auf die Fach 
begriffe. Stimmt man dieser Auffassung nicht zu, so weiß ich 
nicht, wie man das Wesen des mathematischen Beweises um 
grenzen will *). 
Es ist natürlich nicht möglich, bei der Darstellung von Be 
weisen jeden Schritt einzeln freizulegen. Die Forderung der 
Lückenlosigkeit bleibt jedoch bestehen als die Forderung, die der 
Darstellende oder Lernende, w T enn er einen Beweis prüft, an 
sich selbst stellen muß. In welchem Maße diese Arbeit ohne 
Gefahr zusammengezogen werden darf, hängt von der Sicherheit 
des Urteils ab. Ich glaube nicht, daß die Sicherheit des Urteils 
anders erworben werden kann als durch vollkommene Zergliederung 
einer Anzahl von Gegenständen aus dem Gebiet der heiklen 
Mathematik. Dem durch solche Untersuchungen geübten Blick 
werden aber auch die Gegenstände der derben Mathematik in 
hellerem Licht erscheinen. 
Ein Beweis muß an bestimmte (primitive oder abgeleitete) 
Stammsätze anknüpfen. Soll er in Wahrheit nur von den Füge 
mitteln abhängen, so müssen in den Stammsätzen die Stamm 
begriffe zwischen den Fügemitteln scharf hervortreten. Diese 
Notwendigkeit führt aber bis in die Kernsätze zurück und zwingt 
dort zu klärender Entscheidung darüber, welche Begriffe bei- 
belialten, welche auszuscheiden sind * 2 ). 
b. Die allgemeinen Fragen. 
Die Aufgaben der heiklen Mathematik führen zu Fragen von 
allgemeiner Bedeutung, Fragen, die auf dem Gebiet der Mathe 
matik in der einfachsten Form auftreten und deshalb dort der 
vollen Durchdringung am ehesten zugänglich sind. Um so ver 
hängnisvoller ist es, wenn in der Mathematik diese Aufgaben 
eine Behandlung finden, die ihrer Eigenart nicht gerecht wird, auf 
die daher abschließende Urteile nicht gegründet werden können. Denn 
in weitem Umfang besteht auch solcher Behandlung gegenüber die 
Bereitwilligkeit, die Ergebnisse als gesichert zu betrachten ohne 
eine selbständige Nachprüfung, die freilich meist eine übergroße 
Arbeit, oft unübersteigliche Schwierigkeiten verursachen würde. 
Bei jeder Aufgabe ward man an die Lösung die höchsten An 
sprüche stellen, die erfüllbar sind. In der Mathematik muß für 
die im engeren Sinn mathematischen Teile die vollkommenste 
>) Vgl. „Vorlesungen über neuere Geometrie“, S. 100. 
2 ) Siehe die Fußnoten auf S. 26 und 27.
	        
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