Full text: Mathematik und Logik

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Der Aufbau der Geometrie. 
kommener Einblick in einen mathematischen Gedankengang kann 
nur durch „Atomisieren“ erworben werden. Wie die hierauf be 
züglichen Untersuchungen notwendig zu „Entscheidbarkeitsfragen“ 
im Sinn von Kronecker (1823—1891) führen, habeich in „Ver 
änderliche und Funktion“ § 76 dargelegt; siehe auch den Auf 
satz „Grundfragen der Geometrie“ unter V. 
Das Beweisverfaliren setzt voraus, daß der zugrunde gelegte 
Kern oder Stamm von innerem Widerspruch frei ist. Bezüglich 
dieses Gegenstands möchte ich auf den Aufsatz „Über innere 
Folgerichtigkeit“ verweisen. 
3. In den „Vorlesungen über neuere Geometrie“ habe ich den 
empirischen Ursprung der Geometrie zur Geltung zu bringen 
gesucht. Demgemäß konnte der „mathematische Punkt“ nicht 
schon bei der Grundlegung auftreten; er bildete vielmehr das 
Schlußglied einer längeren, vom „physischen Punkt“ ausgehenden 
Entwicklung. Daraus ergibt sich eine Teilung der Geometrie in 
einen Unterbau, der vom physischen Punkt zum mathematischen 
aufsteigt, und ein darauf ruhendes Lehrgebäude, das nur noch 
den mathematischen Punkt zu kennen braucht. 
Die projektive Geometrie geht in dem angeführten Buch aus 
einem „Stamm“ (siehe hier unter Nr. 1) hervor; die zugrunde 
liegenden Begriffe und Sätze, die Stammbegriffe und Stammsätze 
der projektiven Geometrie, sind nicht Kernbegriffe und Kernsätze 
der Geometrie, sondern aus diesen durch Definitionen und Beweise 
hergeleitet. Ebenso entwickelt sich das erwähnte, sich an den 
empiristischen Unterbau anschließende Lehrgebäude aus einem 
Stamm, nicht aus einem Kern. Der Unterbau dagegen entwickelt 
sich aus einem Kern. 
4. Als Geometrie wird herkömmlicherweise bloß ein solches 
Lehrgebäude hingestellt, ein Lehrgebäude, in dem der mathe 
matische Punkt schon bei der Grundlegung auftritt, also nicht 
ein Lehrgebäude mit dem in Nr. 3 bezeichneten Unterbau. Bei 
dem herkömmlichen Vorgehen wird also der mathematische Punkt 
im Gegensatz zu dem in Nr. 3 geschilderten Gang nicht als ein 
Begriff eingeführt, der ein Wirkliches bedeutet, sondern — wie 
ich sagen möchte — als ein hypothetischer Begriff 1 ). In dem 
selben Sinn sind überhaupt die Stammbegriffe und Stammsätze 
in dem ohne empiristischen Unterbau hingestellten Lehrgebäude 
hypothetische Begriffe und Sätze (Veränderliche und Funktion 
*) Eineu „illusorischen“ Begriff nennt ihn J. Hjelmslev in der Ab 
handlung: Die Geometrie der Wirklichkeit, Acta Mathematica, Bd. 40 
(1916), S. 35.
	        
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