Der Aufbau der Geometrie.
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§ 69). Ein solches Lehrgebäude habe ich deshalb in dem Auf
satz „Grundfragen der Geometrie“ (unter I) als hypothetische
Geometrie bezeichnet, später 1 ) als mathematische Geometrie
der physikalischen 2 ) gegenübergestellt.
Der Mathematiker kann sich auf die mathematische Geometrie
beschränken, indem er Herkunft und Anwendbarkeit der Geometrie
als etwas für den Mathematiker Gleichgültiges betrachtet und die
Frage danach ablelint. Innere Widersprüche in dem Lehrgebäude
sind nicht zu befürchten. Aber die abgelehnte Erörterung kann
nicht umgangen werden, wenn die Begriffe der mathematischen
Geometrie und die zwischen ihnen angenommenen Beziehungen
auf Naturgegenstände — wozu schon die gezeichneten Figuren
zu rechnen sind — angewendet werden. Diesem Bedürfnis hat
der „empiristische Unterbau“ zu entsprechen.
5. Der Empirist kann, wenn er den Unterbau vollendet hat,
daran das Lehrgebäude, das ich als die mathematische Geometrie
bezeichnet habe, in seinem rein logischen Aufbau anschließen,
ohne den Wortlaut zu ändern. Nur wird er dann, wo vom Punkt
die Rede ist, darunter den „mathematischen Punkt“ verstehen,
dessen Begriff im Unterbau aus dem physischen Punkt heraus
entwickelt ist 3 ).
Ich habe bisher nur vom Punkt gesprochen, nicht von Linie,
Fläche oder Körper. Punkt, Linie, Fläche, Körper stehen in der
ohne Unterbau hingestellten Geometrie außerhalb allen Zusammen
hangs mit den Naturgegenständen, sogar schon mit den die Dar
stellung begleitenden Figuren, gezeichneten oder „vorgestellten“.
Dies tritt scharf hervor, wenn man auf die mathematische Geo
metrie das in „Forschen und Darstellen“ unter Nr. 4 beschriebene
Verfahren anwendet, also für Punkt, Linie, Fläche, Körper „Deck
namen“ einführt, etwa: P-Ding, X-Ding, X-Ding, Ji-Ding. Eine
Geometrie, die dies nicht restlos verträgt, kann der Mathematiker
nicht als logisch einwandfrei anerkennen, gleichviel ob er Empirist
sein will oder nicht. Siehe auch die verschiedenen Ausführungen
in den „Vorlesungen über neuere Geometrie“ bezüglich der Rolle
der Figuren bei Beweisen (Sachverzeichnis in der 2. Ausgabe
unter „Figur“).
J ) Siehe den Aufsatz: Physikalische und mathematische Geometrie,
Annalen der Philosophie, Bd. 3, Heft 3 (1922).
2 ) Bei Hj elmstev „Geometrie der Wirklichkeit“ in der erwähnten Ab
handlung, später „natürliche Geometrie“ in den Abhandlungen aus dem
Mathematischen Seminar der Hamburgischen Universität, ßd. 2 (1923).
3 ) „Vorl. über n. Geom.“,2. Ausg.,S. 203 und Sachverzeichnis; in schärferer
Fassung: Annalen der Philosophie, Bd. 3, Heft 3, S. 371.