Full text: Mathematik (3. Folge, 6. Band, 2. Abtheilung, Band 2)

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niz im spätem Lebensalter (Mai 17112) niedergeschrieben hier zum 
ersten Mal veröffentlicht wird *). Er bespricht darin auf das Ein 
gehendste nicht nur sein Verhältnis zu Descartes, sondern auch 
die Grundlagen seiner Philosophie überhaupt, so dass dies Doku 
ment vielleicht vollständiger als ein bisher bekanntes die Bezie 
hungen der Leibnizischen Philosophie zu den frühem philoso 
phischen Systemen in den allgemeinsten Umrissen darlegt. Zu 
gleich geht daraus hervor, dass Leibniz zum Aufbau seiner Phi 
losophie von dynamischen Principien den Ausgang nahm. Er be 
gann ipit der Speculation über die Natur des Körpers. Leibniz 
wies nach, dass nicht, wie Cartesius meinte, die Natur des Kör 
pers lediglich in der Ausdehnung bestehe, denn die Ausdehnung 
ist kein ursprüngliches, absolutes Attribut des Körpers, sondern 
nur ein relatives, insofern dabei Bezug genommen wird auf das 
was ausgedehnt wird. Indem nun Leibniz weiter ging und sich 
die Frage vorlegte, worin das Wesen des Körpers bestehe, so fand 
er dass ausser der Materie noch etwas anderes im Körper vorhan 
den sein müsse; er bezeichnet es als ,,to dvvaiuxov seu principium 
mutationis et perseverantiae insitum“, also das, was gegenwärtig die 
Inertie oder das Beharrungsvermögen genannt wird. Diese „poten- 
tia in corpore“, wie Leibniz es auch nennt, ist doppelter Art: passiv 
und activ; jene bildet die Materie oder Masse, diese die Enlelechie 
oder Form. Die passive Kraft ist die Undurchdringlichkeit oder 
der Widerstand, den ein Körper leistet; sie ist im Körper überall 
dieselbe und seiner Grösse proportional. Die active Kraft ist nicht 
allein das, was schlechthin Kraft genannt wird, sondern sie schliesst 
auch den „conatus“ ein, worin namentlich das Wesen der Entelechie 
besteht. Die active Kraft ist doppelter Art: primitiv und derivativ, 
d. h. substantiell und accidentell. Die erstere bildet in Verbindung 
mit der Materie die Substanz des Körpers; die zweite ist der ,,co 
natus“ oder die Tendenz zu einer bestimmten Bewegung. Diese 
Tendenz, die in der Summe immer dieselbe bleibt, ist von der 
Bewegung selbst, deren Quantität sich ändert, unterschieden. Zwi 
schen der derivativen Kraft und dem in Bewegung Setzen (Actio) 
findet eben der Unterschied statt, wie zwischen dem Augenblick 
lichen und Successiven; die Kraft ist schon im ersten Augenblick 
vorhanden, die „Actio“ bedarf der Zeit und ist deshalb gleich dem 
t ) Sieh, die Beilage zu dem Brief Leibnizens an Hon ora tus Fabri.
	        
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