§ 4. Die Fouriersehe Reihe.
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Man kann beweisen, daß die Koeffizienten b n und c n der
FouBiERschen Reihe (11) für eine Funktion f{x), die den Dirichlet-
schen Bedingungen genügt, für limw=oo stets nach Null streben.
Da sie in der Reihe mit sin n x und cos n x multipliziert sind, deren
absolute Beträge nie größer als Eins werden, streben also auch die
Glieder der Reihe um so mehr nach Null, je mehr Glieder man
berücksichtigt. Für Anwendungen genügt deshalb meistens die
Ermittelung einiger der ersten Glieder der Reihe; und daß man
dies graphisch tun kann, haben wir soeben gezeigt. Man hat auch
Apparate hergestellt, die dasselbe mechanisch leisten. Sie heißen
harmonische Analysatoren. Der Grund für diese Bezeichnung
liegt in folgendem:
Die Funktionen (12) können wir nach S. 422 u. f. als rech
nerische Ausdrücke für einfache harmonische Schwingungen
betrachten. Wir brauchen zu diesem Zweck nur x als die Zeit zu
deuten und die Funktionen als die Ordinaten von Punkten, die
längs einer y-Achse schwingen. Die Addition zusammengehöriger
Ordinaten mehrerer einfacher harmonischer Schwingungen, d. h.
ihre Aufeinanderlagerung haben wir auf S. 424 u. f. betrachtet.
Allerdings wurden damals wohlbemerkt nur Schwingungen mit
gleicher Periode ins Auge gefaßt, während hier sin n x und cos n x
die primitive Periode 2 n:n haben. Damals sahen wir in Satz 112,
S. 428, daß die Aufeinanderlagerung mehrerer einfacher harmonischer
Schwingungen mit derselben Periode wieder eine einfache harmo
nische Schwingung gibt. Das ist jetzt nicht mehr der Fall; viel
mehr entstehen hier zusammengsetzte harmonische Schwin
gungen. Wenn nun /'(*) irgend eine als FouRiERSche Reihe
I darstellbare Funktion mit der Periode 2 % ist und y als Ordinate
zur Zeit x gedeutet wird, führt ein Punkt nach der Vorschrift
y = f(x) eine periodische Bewegung allgemeiner Art längs der
y-Achse aus, also eine allgemeine Schwingung mit der Periode 2 %.
j Jetzt sieht man, was die Entwicklung von f[x) als Fourier sehe
Reihe bedeutet: Eine beliebige allgemeine Schwingung läßt
sich aus unendlich vielen einfachen harmonischen Schwin
gungen zusammensetzen.
Mit der Berechnung der FouBiERschen Reihe wird also die
Aufgabe gelöst, eine allgemeine Schwingung in ihre Kom
ponenten, nämlich in lauter einfache harmonische Schwin
gungen, zu zerlegen. Zerlegungsprozesse aber heißen bekanntlich
Analysen. Hiernach ist die Bezeichnung harmonische Analy
satoren verständlich.