IV Vorwort.
zulegen, und er muß langsam durchschritten werden. Erst in den
allerletzten Kapiteln wird ein schnellerer Gang eingeschlagen.
Dem Leser möchte ich dringend raten, stets Papier und Schreib
stift zur Hand zu haben, namentlich auch kariertes Papier zum
Einzeichnen von Skizzen. Es wäre, um es kräftig auszudrücken,
erwünscht, daß der Leser dem Verfasser aufs äußerste mißtraue und
alle Rechnungen selbst nachprüfe. Der Studierende, der diesem
Buche ernste Arbeit widmet, ist vielleicht dafür dankbar, daß ich,
abweichend von der Gepflogenheit der meisten mathematischen
Lehrbücher, die Lehre in einer gewissen behagliehen Breite vor
trage. Wem der Schritt zu langsam ist, der wird ja leicht das,
was er schneller erfaßt, mit raschem Blick überfliegen können.
In der Auswahl des Stoffes habe ich mich durchaus nicht an
irgend welche herkömmlichen Festlegungen gebunden, vielmehr ge
bracht, was nach meiner Meinung jemand, der die Mathematik nur
als Hilfswissenschaft braucht, am allergründlichsten kennen lernen
sollte. Man wird daher einiges hier nicht finden, das man sonst
vorzutragen pflegt. Dagegen erfahren aber manche für den Tech
niker und Naturwissenschaftler wichtige Dinge hier eine sonst nicht
gewohnte ausführliche Behandlung, z. B. die polytropischen Kurven
für Gase und Dämpfe, die so außerordentlich oft auftretenden Ex
ponentialfunktionen und -kurven, die Schwingungen wie überhaupt
die periodischen Vorgänge, die gedämpften Schwingungen und an
deres mehr. Für Geodäten und Physiker wird die Fehlerfunktion
in der Wahrscheinlichkeitsrechnung abgeleitet. Dem Physiker und
Elektrotechniker wird der Abriß der Theorie der Fouriersehen
Reihen willkommen sein. Dem Maschinenbauer und Ingenieur wird
es lieb sein, daß mancherlei Betrachtungen aus der Mechanik ge
bracht werden. Besonders habe ich überall danach gestrebt, die
tote Formel durch Zahlenbeispiele und graphische Konstruktionen
zu beleben. Die ungewohnte Fülle von Figuren wird das Verstehen
des Textes wirksam unterstützen. —
Meine Absicht ist es nicht, die Gründe auseinanderzusetzen,
aus denen ich einen von den meisten Lehrbüchern stark abweichenden
Gang eingeschlagen habe. , Beim ersten Erscheinen dieses Buches
(im Jahre 1905) zweifelte ich lebhaft daran, ob es überhaupt Beach
tung finden würde. Allerdings war ich so vorsichtig, die Leser
nicht von vornherein durch Äußerung dieses Zweifels am eigenen Werk
stutzig zu machen. Inzwischen bin ich aber völlig beruhigt. Die