Siebentes Kapitel. Sterblichkeit. 207
Versucht man, sich die Bedeutung derselben klar, und von der Art und
Weise, wie sie gelöst werden soll, ein deutliches Bild zu machen, so stellen
sich mehr Schwierigkeiten einer gründlichen Beantwortung entgegen, als sich
dem ersten Blick zeigen möchten, so daß man sich ungeachtet der großen
Masse von Material, welches schon verarbeitet vorliegt, zu der Behauptung
verleitet fühlt, daß die Beantwortung der schon langst angeregten Frage
noch in ihrer ersten Entwickelung begriffen ist, daß noch eine große Reihe
von Beobachtungen nöthig wird, um sie.zum Abschlüsse zu bringen. Erwägt
man endlich die vielen und tief liegenden Ursachen, welche das Leben der
Menschen gefährden und den Tod bedingen, so wird man leicht von dem
Zweifel beschlichen, ob es je dem menschlichen Scharfsinne gelingen werde,
den geheimen Gang dieses vielköpfigen Ungeheuers, das auf unzahlbaren
Wegen den Untergang der Menschen vorbereitet, zu belauschen.
Die Methode, welche man bisher und namentlich in der neueren Zeit bei
Verfertigung von Sterblichkeitstafeln befolgt hat, ist gewiß die richtige. Nach
ihr werden nicht nur zuverlässige und verbürgte Angaben, sondern auch häu
fige und auf großen Massen oder großen Zahlen beruhende Beobachtungen
verlangt und dem Calcul zu Grunde gelegt. Je öfter und je sorgfältiger
die Beobachtungen, je größer die Zahl der Individuen, über welche sich die
Beobachtungen ausdehnen, und je vielseitiger endlich die Richtungen sind,
über welche sich dieselben erstrecken, desto sicherer werden sich die aus ihnen
abgeleiteten Resultate und desto genauer die Gesetze herausstellen, welche
aus ihnen gefolgert werden sollen. Man muß es daher mit großem Danke
anerkennen, daß sich bis jetzt so viele Gelehrte mit der Erforschung eines
Gesetzes beschäftigt haben, dessen Kenntniß bei dem Fortschritte der Civilisa
tion dem Staate sowie dem Einzelnen nicht sowohl von Interesse und
Wichtigkeit, sondern vielmehr zur Nothwendigkeit geworden ist.
Mit Untersuchung des hieher gehörigen Gegenstandes haben sich vorzüg
lich beschäftigt: Short, Halley, Simpson, de Moive, Gompertz,
Milne, Morgan, Sprengel!, Babbage, Kerseboom, Struyk,
Wargentin, Deparcieux, Duvillard, Muret, Benoiston de
Ehateauneuf, d'Ivernois, Mathieu,Quetelet, Süßmilch,
Baumann, Lambert, Casper, Bickes u. m. A. Es kann nicht
unsere Absicht sein, hier auf eine Kritik der vorliegenden Arbeiten einzugehen.
Wir beschränken uns darauf, das Wesentliche von dem, was unserm Zwecke
entspricht, beizubringen. Eine Zusammenstellung der älteren hieher gehöri
gen Literatur findet sich in Süßmilch's Göttlicher Ordnung, 3ter Theil,
4te Ausg., Berl. 1776, S. 25 u. ff.
Short hat seine Tafeln auf Beobachtungen gegründet, die sich auf
54 Kirchspiele erstreckten, hat jedoch dabei nicht auf die Verhältnisse des
Ortes und der Zeitumstände Rücksicht genommen. Halley stützte seine Tafeln