Siebentes Kapitel. Sterblichkeit. 211
größtentheils unbrauchbar sind. Sie wurden entworfen, ohne diesen wichti
gen Momenten Rücksicht zu schenken.
tz. 76.
Wir wenden uns zu der Betrachtung der Ursachen, welche auf die Lebens
dauer des Menschen einzuwirken geeignet scheinen. Sie zerfallen in zwei
Arten, innere und äußere. Zu den
3) inneren werden zu zahlen sein:
1) physische Beschaffenheit des einzelnen Individuums.
Vor Allem wird der körperlichen Beschaffenheit eines Individuums ein Ein
fluß auf die Lebensdauer einzuräumen sein. Ein schwacher, zarterKörper wird
Anstrengungen, Abmühung, Entbehrung, harte Arbeiten rc., manche Ein
wirkungen der Atmosphäre, den Wechsel der Witterung, climatische Ein
flüsse nicht so leicht ertragen können, als ein starker und kräftiger, und es
wird häufig großer Vorsicht und Schonung bedürfen, um die schädlichen
Folgen solcher Einwirkungen abzuhalten. Hiedurch kann der Keim zu man
cher Krankheit geweckt und ausgebildet werden, wozu es oft nur einer klei
nen Ursache bedarf. Hieher gehört insbesondere eine kränkliche Anlage des
Körpers, und es ist nicht zu bezweifeln, daß ein ungesunder Körper früher
dem Tode erliegen werde, als ein gesunder. Es können allerdings Falle
vorkommen, in welchen ein kränkliches Individuum, oft unter sehr ungün
stigen Verhältnissen, wider Erwarten ein langes Leben durchlebt. Dies kann
aber nicht als Norm dienen. Hieher gehört die Frage, inwieweit körperliche
Gebrechen oder abnorme Körperbildung Einfluß auf die Lebensdauer äußern
können, und ob ein krüppelhafter Mensch, dem ein beschäftigtes Leben zuge-
muthet wird, eine Aussicht auf die gleiche Lebensdauer hat, wie ein normal
gebildeter? Wenn man nun auch von vorne herein die Frage nicht dahin
entscheiden kann, daß eine abnorme Körperbildung oder ein körperliches Ge
brechen eine kürzere Lebensdauer bedingen werde, so ist um so mehr zu
wünschen, daß die Erfahrung darüber gefragt werde, ob dieselben überhaupt
und inwieweit Einfluß auf die Lebensdauer äußern. Hieher sind auch Ver
stümmelungen, Blindheit, Lahmheit, Taubheit rc., Cretinismus zu rechnen.
Daß das Geschlecht eine Verschiedenheit in der Lebensdauer bedingt, ist
bekannt.
2) psychische Anlagen des einzelnen Individuums.
Daß die geistige Natur des Menschen mit seiner physischen in inniger
Wechselwirkung steht, ist bekannt. Wenn nun auch unseren Blicken ent
geht, wie das beide verknüpfende Band geschlungen ist, so kann doch nicht
in Abrede gestellt werden, daß die geistige Kraft des Menschen die Körper
kraft steigern und letztere oft bis zu ungewöhnlicher Thätigkeit erheben könne.
Ein reizbarer, heftiger, unruhiger Eharacter wird leichter seine Gesundheit
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