212 Siebentes Kapitel. Sterblichkeit.
in Gefahr bringen, als ein ruhiger, gleichgiltigec, phlegmatischer. Schwer-
muth, trübe und finstere Stimmung wird niederschlagend und erlahmend
auf Lebensthatigkeit einwirken. Es dürfte allerdings schwierig sein, hierüber
Gesetze aufzufinden, dennoch dürfte der hier angedeutete Einfluß nicht geradezu
geleugnet werden können. Am leichtesten wäre die hieher gehörige Frage
zu entscheiden, inwiefern der Irrsinn und Wahnsinn Einfluß auf die Le
bensdauer äußert?
3) die geistige Bildung des einzelnen Individuums.
Sollte man einen directen Einfluß der geistigen Bildung aus die Lebens
dauer des einzelnen Individuums zu leugnen geneigt sein, so ist wohl ein
indirecter gewiß nicht in Abrede zu stellen. Eine gleichmäßige Ausbildung
der intellectuellen und moralischen Kräfte eines Menschen kann wohl nur
günstigen Einfluß auf seine Lebensdauer haben. Sie schützt ihn vor Einsei
tigkeit und macht ihm die Sorge für körperliche Kraft zur Pflicht, weil nur
in einem gesunden Körper ein starker Wille und kräftiger Geist wohnen
kann. Hat er aber seine Geistes- und Körperkraft harmonisch ausgebildet,
so werden sie sich gegenseitig tragen und unterstützen. Seine intellectuelle
und moralische Ausbildung wird ihn zu einem brauchbaren Subjecte machen,
das sich eine sichere und sorgenfreie Existenz bereiten kann. Sie wird ihn
vor Uebereilungen und schlechten Handlungen, vor Aufregung der Leiden
schaften schützen, welche die Kraft des Menschen schwachen und die Gesund
heit untergraben. Bekanntlich haben heftige Gemüthsbewegung, Kummer,
Sorge, Verdruß, Angst entnervende und abspannende Einwirkung auf die
Gesundheit, wahrend Thätigkeit, Vertrauen, Muth, Furcht- und Sorg
losigkeit dieselbe starken. Es ist aber gewiß nicht zu leugnen, daß ein
intellectuell und moralisch durchgebildeter Mensch alle diese nachtheiligen
Wirkungen von sich abhalten und die guten sich gewinnen werde. Daß
aber eine von heftigen Gemüthsbewegungen angegriffene und gereizte Natur
leichter der Einwirkung einer Krankheit unterliegt, ist bekannt. Sollte übri
gens eine harmonisch durchgreifende intellectuelle und moralische Bildung
nur dazu dienen, den in der neueren Zeit immer mehr um sich greifenden
Selbstmord zu verhüten, so würde dies schon genügen, um die Richtigkeit
des Gesagten darzuthun. Diese wird sich noch insbesondere durch das
rechtfertigen, was unter der folgenden Nummer beigebracht werden soll.
4) die Lebensweise des einzelnen Individuums.
Von besonders wichtigem Einfluß auf die Lebensdauer ist die Lebensweise,
welche ein Mensch in moralischer und physischer Beziehung führt. Ein un
moralisches Subject wird durch Ausschweifung, Unmaßigkeit im Genusse
geistiger Getränke, Unmaßigkeit in Befriedigung der Leidenschaften und
Triebe, Unregelmäßigkeit in der Ernährung des Körpers, theilweise Entbeh
rung und schnelle Befriedigung, Völlerei, Unreinlichkeit u. dergl. seine Ge