Siebentes Kapitel. Sterblichkeit. 213
sundheit und Körperkraft untergraben und dadurch sein Leben gefährden.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß Epidemien ihre Opfer aus den hier be
zeichneten Subjecten suchen. Wird Jemand gar durch seine Lebensweise zu
schlechten Handlungen, Lastern und Verbrechen hingerissen, so droht ihm Verlust
der Freiheit, der Selbstständigkeit und Thatkraft u. s. w., also solche Zu
stande, welche nur ungünstig auf die Lebensdauer einwirken können, oder
endlich sogar gewaltsamer Tod. Umgekehrt wird Mäßigkeit im Genusse der
körperlichen Nahrung, der geistigen Getränke, regelmäßige Befriedigung der
Triebe, Reinlichkeit u. decgl. nur einen guten Einfluß auf die Gesundheit
und Lebensdauer haben.
b) Zu den äußeren Ursachen sind zu zahlen:
1) örtliche und climatische Verhältnisse.
Nach den bisher an verschiedenen Orten gemachten Beobachtungen ist es
gar nicht zweifelhaft, daß örtliche Verhältnisse einen bedeutenden Einfluß
auf die Lebensdauer des einzelnen Individuums haben. Die Art der Beob
achtung und die Schwierigkeit, bei den angestellten Beobachtungen allen
möglichen Fehlern vorzubeugen, können nicht die einzige Ursache sein, wor
aus sich die nicht unbedeutenden Differenzen in der Sterblichkeitsordnung
für die verschiedenen Orte erklären. Als hervortretende Thatsache zeigt sich,
daß das Leben in den Städten, und besonders sehr volkreichen, eine ganz
andere Sterblichkeitsordnung, als in minder volkreichen, und in diesen eine
andere, als auf dem Lande, nachweis't. So erreichen nach Quetelet
5384 Städter, dagegen 5734 Landleute (männlichen Geschlechts), ferner
5916 Städter und 6082 Landleute (weiblichen Geschlechts) unter 10000
Lebenden das 10te Jahr. Auf gleiche Resultate deuten die in der neuesten
Zeit von Gebhard herausgegebenen Tabellen, die sich auf die SterbUisten
des Königreichs Baiern gründen und woraus sich eine verschiedene Sterb
lichkeit für Einwohner größerer und kleinerer Städte, sowie für Bewohner
des platten Landes ergiebt. Eine merkwürdige Erscheinung ist nach der von
Quetelet mitgetheilten Tafel, daß unter den Bewohnern der Städte weib
lichen Geschlechts bis zum 19ten Jahre eine größere Sterblichkeit herrscht,
als bei denen auf dem Lande, und daß dagegen von diesem Jahre an um
gekehrt eine größere Sterblichkeit unter den Einwohnern auf dem Lande,
als unter den Städtern herrscht. Bei dem männlichen Geschlechte zeigt sich
dieses Ueberspringen nicht. Es laßt sich die verschiedene Sterblichkeit in den
Städten und auf dem Lande zum Theil auch durch die verschiedene Lebens
weise (a Nr. 4) erklären, namentlich durch größere Jmmoralitat, verderbte
Sitten, Vernachlässigung der Säuglinge durch das Ammenwesen, schlechte
Nahrung, schlechte und ungesunde Wohnung, Ueberfüllung der Wohnung
und hiedurch schnelleres Ausbreiten ansteckender Krankheiten, schlechte Luft rc.,