§ 8. Oskulierende Kurven
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das Zeichen nicht, wenn man das Zeichen von Ax ändert, so
bald nur | Ax | hinreichend klein gewählt wird; das Zeichen
bleibt also das nämliche wie das der Differenz y^'+ 1 )— y 1 ^ +1 \
Dies besagt, daß zu beiden Seiten des Berührungspunktes die
eine Kurve durchaus auf derselben Seite der andern verläuft.
Ist dagegen g, eine gerade Zahl, so ändert V—mit Ax
auch das Zeichen; die Kurven durchsetzen dann einander im
Berührungspunkte. D. h.:
Satz 19: Wenn zwei Kurven in der Ebene einander in
einem, Punkte in gerader Ordnung berühren, durchsetzen sie
einander dort, im Falle einer Berührung in ungerader Ordnung
iedoch nicht.
Im Falle einer Berührung g ter Ordnung gibt es keine dritte
Kurve durch M, die in der Umgebung von M zwischen den
beiden ersten verläuft, es sei denn, daß sie im Punkte M Be
rührungen von g ter oder höherer Ordnung mit jenen Kurven
eingeht. Denn wenn Y 2 diejenige Ordinate der dritten Kurve
ist, die zur Abszisse x + Ax gehört, hat man:
r.-r^cr.-rj + ir-ro.
Verschwände Y 2 — Y in niedrigerer als der (g -j- l) tei1 Ordnung
mit Ax, so wäre Y i —Y 1 von derselben Ordnung, und folglich
hätten
Y 2 — Y 1 und Y 2 — Y
dasselbe Vorzeichen, d. h. die dritte Kurve verliefe nicht zwischen
der ersten und zweiten Kurve.
Deshalb ist es nicht möglich, durch den Kurvenpunkt M
eine Gerade zu ziehen, die in der Umgebung des Berührungs
punktes M zwischen der Kurve und ihrer Tangente verliefe.
Denn eine Sekante durch M berührt — so dürfen wir sagen
— die Kurve in der nullten Ordnung, also in einer niedrigeren
als die Tangente.
216. Definition des Oskulierens. K bezeichne eine
gegebene Kurve y = fix)] wir nehmen an, daß die Funktion
fix) in einer Umgebung der gerade betrachteten Stelle x = x 0
nach dem Taylorschen Satze entwickelbar sei:
(1) y = f{x) - y 0 + y 0 ' ix - x 0 ) + ix - x 0 ) 2 H •
S e rret-Sch ef f e r g, Diff -u. Integr.-Reelm. I. 6. u. 7. Aufl. 24 [2\5,21G