Full text: Differentialrechnung (1. Band)

Man kann übrigens den Satz 22 auch sofort aus Satz 12 
von Nr. 196 gewinnen. 
Hat eine Kurve eine Symmetriegerade und wählen wir 
diese Gerade als y-Achse, so hat die Funktion y = f(x), deren 
Bild die Kurve ist, die Eigenschaft, daß stets f(x) — f {— x) 
ist. Hieraus ergibt sich durch Differentiation nach x: 
f O) = - f (- X), r (X) = f" (- x), r ix) = - r (- X). 
Für x = 0, d. h. für einen Schnittpunkt der Kurve mit der 
Symmetriegerade, folgt daraus, falls die Ableitungen nicht un 
stetig werden, daß f\0) = 0 und f'"(0) = 0, also y und y'" 
gleich Null wird. Dann aber ist für diesen Punkt die Bedin 
gung des Satzes 21 erfüllt. Daher: 
Satz 23: Hat eine ebene Kurve eine Symmetriegerade, so 
sind ihre Schnittpunkte mit der Symmetriegerade Scheitel, falls 
dort die drei ersten Ableitungen stetig bleiben. 
Beispielsweise sind die höchsten und tiefsten Stellen der 
Sinuslinie y = sin :r (siehe Nr. 9) Scheitel, ebenso diejenigen 
Punkte eines Kegelschnittes, die man schon in der analytischen 
Geometrie seine Scheitel zu nennen pflegt. 
Die Gleichungen (4) stellen die Koordinaten x x , y x der 
Punkte der Evolute als Funktionen von x, also von einer 
Hilfsveränderlichen, dar. Aus (5) und aus Satz 21 folgt, daß, 
wenn x die Abszisse eines Scheitels der gegebenen Kurve ist, 
für den zugehörigen Punkt der Evolute dx x : dx und dy x : dx 
gleich Null wird. Nach Nr. 191 ist dieser Punkt der Evolute 
folglich singulär und zwar in der Regel eine Spitze. 
Einem Scheitel einer Evolvente gehört also ein singulärer 
Punkt der Evolute und zwar in der Pegel eine Spitze der Evo 
lute zu. 
Schließlich sei noch bemerkt: Die dritte Gleichung (3) 
lehrt nach (3) in Nr. 146, daß der in Nr. 146 mit C bezeich 
nte Punkt der Krümmungsmittelpunkt ist. Die Bedingungen 
(5) und (6) ebenda besagen, daß der dort betrachtete Punkt M 
ein Scheitel ist.
	        
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