290 Kap. V. Quadratur und Rektifikation von Kurven.
über l drehbar ist. Der Endpunkt oder Pol C trägt einen Stift
und wird mittels des Stiftes auf der Ebene festgehalten, siehe
Fig. 39, während man den Endpunkt B eine geschlossene
Kurve ß beschreiben läßt. Dabei wird die Lage von C außerhalb
ß so gewählt, daß der Endpunkt A nur hin- und hergehende
Bewegungen um C ausführt, ohne eine volle Umkreisung um
C zu machen. Die Kurve a, die A be
schreibt, ist dann ein Kreisbogen, dessen
Teile aber einmal im einen, dann im anderen
Sinne beschrieben werden, so daß der Kreis
bogen als eine geschlossene (doppelt zu
denkende) Kurve aufzufassen ist, deren
Flächeninhalt A = 0 ist. Aus (4) folgt nun
noch einfacher:
(5) B = Is,
d. h. die Fläche B der umfahrenen ge
schlossenen Kurve ß ist gleich der Länge l
des Stabes AB, multipliziert mit dem Gesamtbogen s, den ein Punkt
auf dem Umfange der Kreisscheibe S wegen der Peibung zurücklegt.
Beim Planimeter ist an der Kreisscheibe S eine Vorrichtung
angebracht, mittels derer man nicht den Bogen s, sondern sein
Produkt mit l, also direkt die Größe der umfahrenen Fläche
B ablesen kann.
Zu dieser Entwicklung der Theorie des Planimeters ist
noch hinzuzufügen: Wir haben von kinematischen Vorstellungen
Gebrauch gemacht, nämlich bei der Untersuchung der Drehung
der Kreisscheibe. Auf die genaue Begründung dieser Vor
stellungen gehen wir hier nicht ein.
Fig. 39.
§ 3. Rektifikation von Kurven.
542. Definition der Bogenlänge einer ebenen Kurve.
Die Berechnung der Bogenlänge einer Kurve heißt ihre JRekti-
fkation (vgl. Nr. 202). Schon in Nr. 193 haben wir von der
Bogenlänge einer ebenen Kurve gesprochen und eine Formel
für ihr Differential abgeleitet, die wir anwandten, um für eine
Reihe von ebenen Kurven die Rektifikation auszuführen, vgl.
z. B. Nr. 224. Wir hoben jedoch schon in Nr. 193 hervor:
541, 542]