Full text: Von Zahlen und Zahlworten bei den alten Ägyptern

IV. Ordinalzahlen. 
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eigenartigen Ausdrucksweise für die Ordinalzahlen, die wir in einigen 
Sprachen primitiver Völker finden. Diese Ausdrucksweise bestellt darin, 
daß das Ordinalzahlwort, vom 2teil anfangend, nach der um eins niedri 
geren Kardinalzahl benannt wird 1 ). 
So sagt man in der Sprache der Galla: 
toko-ti-ana „das, was der eins (toko) angehängt ist“ für „der zweite“. 
lama-ti-ana „das, was zwei (lama) angehängt ist“ für „der dritte“ 2 ). 
Entsprechend heißt es in der Sprache der zur Neu-Lauenburg-Gruppe 
(Duke of York Islands) gehörigen Insel Nakukur in Deutsch-Neu-Guinea : 
ra i patap „der eins (ra) folgende“ für „der zweite“. 
tuldi ¡patap „der drei (tuldi) folgende“ für „der vierte“ usw. 3 ). 
Und ähnlich werden in der sogenannten Aymara-Sprache, die heute 
noch am Titikaka-See gesprochen wird, die Ordinalia mittels der Post 
positionen kharu und kipa, die „nach“, „hinter“, „folgend auf“ bedeuten, 
von den nächst niedrigeren Kardinalzahlen gebildet 4 ): 
Jcimsa-kharu oder Jcimsa-Jcipa „der nach drei“ für „der vierte“. 
puri-kharu oder puri-kipa „der nach vier“ für „der fünfte“. 
Nur in dem Ausdruck für „der zweite“ wird dabei seltsamerweise 
nicht das Kardinalzahlwort für „eins“, sondern das Wort naira verwendet, 
das eigentlich „Auge“, „der vorderste“ bedeutet und den Ausdruck für 
„der erste“ bildet: naira-kharu „der nach dem ersten“ = „der zweite“. 
Diese eigentümliche Ausdrucksweise für die Ordinalia, die hier in drei 
Erdteilen belegt werden konnte, erinnert lebhaft an die oben S. 117 ff. 126 
besprochene Ausdrucksweise, bei der neben der im Ordinalzahl wort auszu 
drückenden Zahl die nächst niedrigere, zu ihr zu erhöhende Kardinal- 
4 ) „Der erste“ wird auch in diesen Sprachen in besonderer Weise bezeichnet. 
2 ) Tutschek, Gramm. § 208. 
3 ) Parkinson, Dreißig Jahre in der Südsee S. 746. — Dort ist die Bedeutung des 
Bildungselementes patap nicht angegeben. Herr Dr. Anker mann, dem wir die Herausgabe 
des Werkes verdanken, hatte die Liebenswürdigkeit, aus dem von Parkinson benutzten 
Buche der Missionare G. Brown und B. Danks (A Dictionary of the Duke of York 
Is. Language, New Britain Group, Sydney 1882) festzustellen, daß die oben von mir an 
genommene Deutung tatsächlich die richtige ist. Er bemerkt dazu, daß Brown noch eine 
andere Beihe von Ordinalzahlen angebe, die nur bis 5 reichen, was völlig genügen solle, 
da die Eingeborenen im allgemeinen nur so weit zählen. Diese Ausdrücke lauten: 
1. a mukana „der erste“. 
2. a wepatap „der nächste“ (secundus). 
3. a welirvan „der mittlere“. 
4. a murumuru „der folgende“. 
Es scheint evident, daß hier Benennungen der Finger einer Hand vorliegen, die in 
dem Zahlensystem der melanesischen und polynesischen Sprachen eine große Bolle spielt, 
o heißt dort fast überall lima d. i. „Hand“; 6 wird in vielen diesen Sprachen durch „5 und 1“, 
7 durch „5 und 2“ ausgedrückt. 
4 ) v. Tschudi, Organismus der Khetschua-Sprache S. 295. Middendorf, Die Aymarä- 
Sprache S. 69.
	        
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