3. Spuren anderer Zählsysteme im Ägyptischen und die Zahlwörter von 30 bis 90. 27
Duodezimales.
Das Duodezimalsystem, das wegen seiner besseren Teilbarkeit dem
Dezimalsystem gegenüber als Ideal des Rechners gilt, findet sich bei den
Ägyptern nur in der Zeitmessung in eben den Fällen, wo es sich auch
heute noch bei uns findet, und wo man es auf Babylonien zurückzuführen
pflegt, in der Einteilung des Jahres und des Tages.
Die Einteilung des Jahres in 12 Monate, äg. jbd (efeot), mit dem Bilde
des Mondes geschrieben, und die damit zusammenhängende Einteilung des
Fixsternhimmels in 36 Dekane (statt der 12 Tierkreiszeichen der Baby
lonier) war, wenn man einmal Mond- und Sonnenumlaufszeiten miteinander
verbinden wollte, gegeben und könnte daher an sich auch unabhängig
voneinander an verschiedenen Stellen der Welt gefunden worden sein.
Die Bemessung des Monats auf 30 Tage, statt der Beibehaltung der
etwas kürzeren Mondumlaufszeiten (Mondmonate), enthält aber bereits wieder
eine Konzession an das Dezimalsystem, das nun eben einmal Sprache und
Denken beherrschte. Und wenn der Ägypter den Monat dann in 3 Dekaden
einteilt, denen eben die 36 Dekane entsprechen, statt in 7 tägige Wochen,
wie es der Babylonier tat, so bedeutet das eine offenkundige und runde
Absage an das „Duodezimalsystem“.
Für die Einteilung des Tages und der Nacht in je 12 Stunden, die
wir in Ägypten gleichfalls finden 1 ), läßt sich keine natürliche Ursache
erkennen, es sei denn, daß damit eine Nachbildung der Jahreseinteilung
beabsichtigt war. Sie wird man daher, wo sie auch auftritt, mit großer
Wahrscheinlichkeit auf eine gemeinsame Ursprungstelle zurückzuführen
haben. Und da spricht in der Tat vieles für Babylonien, das Land, in dem
ja auch das der Unterteilung der Stunden zugrunde liegende Sexagesimal-
system so stark ausgebildet war.
Sexagesimales ?
Uber die Einteilung der Stunden in Ägypten wissen wir nichts, als
die Ausdrücke, die der Minute OL ein altes Wort für „Augenblick“),
Sekunde (h-A desgl.), Terze (cn-t), entsprechen sollen. Sie begegnen uns mehr
mals in Inschriften der Ptolemäerzeit 2 ), ohne daß dabei angegeben würde,
wieviele von jeder dieser kleinsten Zeitteile auf den nächst höheren gingen.
Anderweitige Spuren eines alten Sexagesimalsystems könnte man in
Ägypten in einigen anderen Fällen zu finden glauben, die indes alle unsicher
genug sind.
') Die ägyptischen Stunden sind nicht von gleicher und konstanter Länge, sondern
nehmen mit den Jahreszeiten zu und ab, da die Ägypter den Tag und die Nacht jedes für
sich in 12 Stunden teilten (Mitteilung von Borchardt).
2 ) Brugsch, Thesaurus II 195. 199.