Full text: Von Zahlen und Zahlworten bei den alten Ägyptern

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II. Kardinalzahlen. 
Das Ägyptische besitzt einen alten Ausdruck, anscheinend dualischer 
Form, hn-tj „die beiden Zeiten“, „die beiden Fristen“ 1 ), der später wenig 
stens mit dem zweimal gesetzten Zeichen des AYeges 2 ) determiniert wird. 
Es ist allgemeine Annahme, daß damit ein Zeitraum von 120 Jahren be 
zeichnet werde. Bestätigte sich das, so hätten wir in der einzelnen hn-t ein 
Gegenstück zu dem babylonischen Zeitmaß ctükjcto«; von 60 Jahren. 
Die Ansetzung der hn-tj = 120 Jahre beruht indessen lediglich auf 
einer irrtümlichen Lesung und Ergänzung einer Stelle des Turiner Königs 
papyrus 3 ), in der Hincks die Gleichung 19 hn-tj = 22[80] Jahre finden 
wollte 4 ). In AVahrheit steht dort weder von hn-tj noch von einer Gleichung 
etwas da. 
AYo uns das AVort begegnet, steht es stets in der unbestimmten 
Bedeutung „lange Zeit“; so deutlich in den folgenden Beispielen: 
König Tahraka ward von seiner Mutter getrennt, als er 20 Jahre alt war; 
nach hn-tj von Jahren kam sie nach Unterägypten, um ihn wieder 
zusehen, Rouge, Inscr. hierogl. 73. 
Ein König tut etwas kund den kommenden Geschlechtern für hn-tj, 
Urk. IY 364, d. i. für die Ewigkeit, wie derselbe Ausdruck in dem 
demotischen Texte des bilinguen Papyrus Rhind geradezu übersetzt wird 5 ). 
Eine Königin ist reicher an Denkmälern „als ihre Yäter, die Könige von 
hn-tj, seit der Zeit der Götter“, Urk. IY 369. 
Ein Bauwerk ist ausgeführt „in Arbeit von hn-tj der Ewigkeit“, d. h. 
von ewiger Dauerhaftigkeit; man redet von den hn-tj eines Gegen 
standes, um seine Dauer auszudrücken, Brugsch, Thes. III 206/7. 
In der dreisprachigen Inschrift von Rosette sind die AA r orte „an diesem Tage 
(und) bis zu hn-tj von Jahren“ durch vuv xe Kai eiq xöv ereua xpövov 
wiedergegeben. Ros. griech. 44 (= Philensis I 11. Nobaireh 27). 
Diese unbestimmte allgemeine Bedeutung hat das AYort auch schon 
an den ältesten Stellen, an denen wir es nach weisen können, und dort ist 
es überdies noch garnicht wie ein Dualis geschrieben: 
„der die hn-tj (mit einmal gesetztem Zeichen der Buchrolle) im Auge hat“ von 
einem weisen Alaune gesagt, Leps. Denkm. II 118d (Anfang der Dyn. 12). 
*) Im Singularis liegt das Wort hn-t Urk. I 125 (zugleich der älteste Beleg dafür) vor, 
wo es von einer Reise heißt, sie sei ausgeführt worden m hn-t jbd 8 ,,in der Zeit (oder 
Frist) von (nur) 8 Monaten“. Dort ist das Wort mit der Buchrolle, dem Deutzeichen alles 
dessen, was mit Schreiben oder Rechnen zu tun hat, geschrieben. 
*) Eben dieses Zeichen, aber nur einmal gesetzt, determiniert später auch die Worte 
rk und h’w, die beide die „Zeit“ jemandes (cietas) bezeichnen. Das Zeichen dient sonst auch 
als Deutzeichen für die Ferne. 
3 ) Wilkinson, The hieratic papyrus of Turin p. 55, vgl. Brugsch, Thes. II 208. 
4 ) Die richtige Lesung der Stelle gab Möller bei Ed. Meyer, Äg. Chronologie S. 118. 
s ) Möller, Die beiden Totenpapyrus Rhind, Glossar Nr. 373.
	        
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