20 Drittes Kapitel: Stochastische Verbundenheit [§ 1
der stochastischen 1 ) Verbundenheit zwischen zufälligen Variablen uni
formen, welcher die eigentliche Grundlage für alle unsere Konstruk
tionen und Überlegungen bilden wird.
Drittes Kapitel.
Stochastische Verbundenheit und funktioneller Zusammenhang
zwischen variablen Größen.
§ 1.
Um die Kernbegriffe der statistischen Korrelationslehre scharf her
auszuarbeiten, empfiehlt sich, zunächst von allen konkreten Neben
zügen abzusehen und das Problem in abstrakt mathematischer Passung
zu betrachten. Um sicher zu bauen, müssen wir hierbei von genau ge
faßten Definitionen ausgehen.
Eine Größe, welche mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten h ver
schiedene Werte annehmen kann, wollen wir eine zufällige Variable der
Jc-ten Ordnung nennen. Die Gesamtheit ihrer möglichen Werte und der
ihnen zukommenden Wahrscheinlichkeiten wollen wir als das Vertei
lungsgesetz der zufälligen Variablen bezeichnen. Beim Würfelwerfen ist
z. B. die geworfene Zahl eine zufällige Variable der sechsten Ordnung,
da sie die Werte 1, 2, 3, 4, 5 und 6 mit gleichen Wahrscheinlichkeiten von
je £ annehmen kann.
Der Begriff der zufälligen Variablen ordnet sich unter den allgemeinen
mathematischen Begriff der variablen Größe, als genus proximum ein,
wobei als differentia specifica das Vorhandensein des Verteilungsgesetzes
erscheint. Eine einziffrige Zahl ist eine diskontinuierliche Variable,
welche 10 verschiedene Werte von 0 bis 9 annehmen kann. Sie wird
zu einer zufälligen Variablen zehnter Ordnung, falls sie diese verschiede
nen Werte mit bestimmten Wahrscheinlichkeiten annimmt. Ihr Ver
teilungsgesetz kann sich verschieden gestalten, je nachdem, wie das
Experiment angeordnet wird. Nehmen wir an, daß die Anordnung alle
Ziffern gleichwahrscheinlich macht, so wird das Verteilungsgesetz durch
die Werte 0,1 usw. bis 9 und die untereinander gleichen Wahrscheinlich
keiten dieser Werte von je ^ gegeben. Die Zahl der weißen Kugeln
in einem Satz von 20 Kugeln ist eine Variable, welche 21 verschiedene
Werte von 0 bis 20 annehmen kann. Sie wird zu einer zufälligen Variablen
21er Ordnung, falls wir hinzufügen, daß die 20 Kugeln aus einer ge
schlossenen Urne mit gleichzahlreichen weißen und nicht-weißen Ku
geln gezogen werden, wobei die gezogene Kugel jedesmal in die Urne
zurückgelegt wird, bevor die nächste Ziehung stattfindet: denn unter
diesen Verhältnissen kommt jeder Zahl der weißen Kugeln unter den
1) „Stochastisch“ (vom griechischen Verbum gtoxageG&ai, mutmaßen) wird von
mir synonymisch zu „wahrscheinlichkeitstheoretisch“ gebraucht. Vgl. J. Bernoulli,
Ars Conjectandi, p. 213 (Basileae, 1713) und L. v. Bortkiewicz, Die Iterationen,
S. 3 (Berlin, 1917).