und funktioneller Zusammenhang
§1]
23
tistik. Wollen wir noch einige Beispiele betrachten, welche diese Unter
scheidung von einer anderen Seite beleuchten.
Als einer der Wege, auf welchen die zufällige Variable ins Gesichts
feld des Forschers treten kann, erscheint die mit Beobachtungsfehlern
belastete Messung. Nehmen wir an, daß wir unseren Euklid vergessen
haben und die Frage nach der Summe der Winkel eines Dreiecks als ein
naturwissenschaftliches Problem betrachten und durch Messungen
empirisch lösen wollen. An einer großen Anzahl von Dreiecken werden
alle drei Winkel gemessen und für jedes Dreieck die Summe der drei
Addenden berechnet. Die wahre Größe der Summe beträgt in jedem
Falle, wie wir wissen, 180 Grad. Aber die Werte der einzelnen Summen
werden bald mehr, bald weniger von 180 Grad abweichen. Die gemessene
Summe der Winkel des Dreiecks erscheint uns nicht als eine Konstante,
sondern als eine Größe, welche, falls alle Messungen in der gleichen Weise
mit der nötigen Sorgfalt ausgeführt werden, verschiedene Werte mit be
stimmten Wahrscheinlichkeiten annimmt; sie ist eine zufällige Variable
im Sinne unserer Definition.
Ein anderes Beispiel. Jemand will seine Körperlänge an seinem
21. Geburtstage feststellen und nimmt zu diesem Zwecke mit Hilfe
eines Freundes sorgfältig ausgeführte Messungen vor. Das, was ihn
interessiert, ist keine zufällige Variable, sondern eine ganz bestimmte
Größe: seine in Zentimetern, Millimetern usw. ausgedrückte Körper
länge an dem gewählten Stichtage. Die Messungen werden ihm aber
seine wahre Körperlänge nicht genau angeben; infolge der unvermeid
lichen Messungsfehler wird das Ergebnis der Messung bald mehr, bald
weniger, bald nach der einen, bald nach der anderen Seite von der ge
suchten Größe abweichen. Die gemessene Körperlänge wird als eine
zufällige Variable erscheinen mit einem durch die Technik und die Ge
schicklichkeit der Messung bestimmten Verteilungsgesetze. Um zu der
gesuchten wahren Körperlänge zu gelangen, ist man gezwungen, diese
zufällige Variable zu betrachten und sie zweckentsprechend zu behan
deln. Sie ist aber unter solchen Verhältnissen kein Gegenstand der For
schung. Man braucht sie und ihr Verteilungsgesetz zu kennen, nur um
den zahlenmäßigen Wert der wahren Körperlänge möglichst genau be
stimmen zu können und die Sicherheit der Bestimmung möglichst zu
verlässig zu schätzen.
Anderseits wollen wir annehmen, daß der Gegenstand unseres Inter
esses nicht die Körperlänge eines 21jährigen Individuums an seinem Ge
burtstage, sondern die Körperlänge des 21jährigen Norwegers ist und
daß zum Zwecke ihrer Bestimmung die Körperlängen einer Anzahl
von 21jährigen Norwegern gemessen werden. In diesem Falle ist nicht
nur das Ergebnis der Messung, sondern auch die zu messende Größe
eine zufällige Variable. Die wahren Körperlängen der zu messenden
Norweger sind verschieden, und ihre verschiedenen Werte folgen einem
bestimmten Verteilungsgesetze — dem sogenannten Gauß-Laplace-