Full text: Abstrakte Geometrie

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IY. Affine Geometrie. 
eigentliche Punkte W' existieren, so daß AW', BW resp. AW', CW 
getrennt sind. 
Beweis folgt aus der Stetigkeit und aus der in 105 bewiesenen 
Widerspruchslosigkeit der aufgestellten Bedingungen. 
108. Satz: Die nach 107 auf einer eigentlichen Geraden ($ 
existierenden Punkte I, J sind eindeutig bestimmt. 
Beweis: Existiert außer I ein zweiter (uneigentlicher) Punkt 1', 
der denselben Bedingungen genügt, so ist AB, II' nicht getrennt, also 
findet entweder die Folge AII'B oder AI'IB statt. Ist nun AW, 
II' getrennt, also W uneigentlich, so folgen aus den Reihenfolgen 
AIWI' und AII'B die Folgen AWI'B und AI WB (s. III14 S. 147), 
d. h. AI, BW nicht getrennt, während W nicht zu den angenom 
menen Punkten gehört; denn es existiert W'=I' so, daß AW', BW 
getrennt. Ebenso ergeben sich aus den Folgen AJ'WI und AI'IB 
die Folgen AWIB und AI'WB, d. h. AI', BW nicht getrennt, 
während W nicht zu den ausgenommenen Punkten gehört, denn es 
existiert W'= I so, daß AW', BW getrennt sind. 
109. Definition: Die nach 107, 108 auf jeder eigentlichen 
Geraden existierenden zwei bestimmten uneigentlichen Punkte I, J 
heißen die „Grenzpunkte“ derselben. Die Menge der Grenzpunkte im 
Raume heißt das „Grenzoval“. Dasselbe hat also die Eigenschaft, 
von jeder eigentlichen Geraden in genau zwei Punkten geschnitten 
zu werden. 
110. Satz: Bei jeder Affinität entspricht das Grenzoval sich 
selbst. 
Beweis: Da bei einer Affinität die eigentlichen Punkte den 
eigentlichen, die uneigentlichen den uneigentlichen entsprechen und 
die Ordnungsbeziehungen erhalten bleiben, müssen die durch Ord 
nungsbeziehungen in bezug auf eigentliche und uneigentliche Punkte 
definierten Grenzpunkte ebenso definierten Punkten, also Grenzpunkten 
entsprechen. 
111. Definition: Geht eine eigentliche Gerade Oi durch einen 
Grenzpunkt einer eigentlichen Geraden ¡Q, so heißt © parallel ( |) 
zu §. 
112. Satz: Ist © parallel zu §, so ist ¡Q parallel zu @*); d. h. 
*) Diesen Satz beweist z. B. auch J. Bolyai, aber mit Benutzung von Kon 
gruenzgrundsätzen. Vgl. Appendix Scientiam spatii absolute veram exhibens § 6. — 
Ebenso Gauß (Werke YII p. 203), der dazu äußert: „Nicht ganz so evident ist 
die Reziprokität des Parallelismus“. — Lindemann (Vorlesungen über Geometrie, 
Leipzig 1891, II 1, 3. Abt. und neuerdings in den Anmerkungen zu Poincare, 
Wissenschaft und Hypothese, deutsch von F. und L. Lindemann, Leipzig 1904,
	        
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