Art. 108—112.
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jeder Grenzpunkt einer Geraden ist Grenzpunkt jeder durch ihn
gehenden Geraden.
Beweis (s. Fig., in welcher die eigentlichen Teile der Geraden
stark gezeichnet sind): Angenommen ein Grenzpunkt Y der Geraden Q
sei ein von einem Grenzpunkt verschiedener uneigentlicher Punkt der
Geraden @ = [IJ]. Es sei H ein eigentlicher Punkt von Die
Halbgerade [H Y | ist die Gesamtheit der von einem uneigentlichen
Punkte durch HY getrennten eigentlichen Punkte.
Es sei U irgend ein uneigentlicher Punkt von
[IJ], z. B. getrennt von J durch IY oder U = I.
Wir behaupten: Die Gerade [HU] wird von keiner,
die Halbgerade [HY] schneidenden Geraden [ JV]
in einem uneigentlichen Punkte geschnitten. An
genommen nämlich, es gäbe einen solchen uneigent
lichen Punkt V, so wäre auch jeder von H durch
VU getrennte Punkt uneigentlich, also schnitte
auch jede von [JH] durch [JV] [JU] getrennte
Gerade die Gerade |HU] in einem uneigentlichen
Punkte. Nun werde durch einen eigentlichen
Punkt G von © die Gerade |ii6r] gezogen. Schneidet jede Gerade
von J, welche die Halbgerade \HY \ schneidet, die Gerade [GH] in
einem eigentlichen Punkte, so werde irgend eine derselben mit G t
bezeichnet. Andernfalls sei G t ein solcher eigentlicher Punkt von
[GH], daß kein von H durch G t G getrennter Punkt uneigentlich
ist und daß [1G X \ die Halbgerade [HY] trifft. Nunmehr schneidet
jede Gerade von J, welche von [JH] getrennt ist durch [ JG t ], [ JG],
die Gerade [GH \ in einem eigentlichen Punkte. Die vier Geraden
| JH], [JVj, [J6rJ, [JI] haben nun entweder diese oder die Reihen
folge [JH], | JG X \, [JV], | JI]. Im ersten Fall liegen auf der Ge
raden [JG 1 \, im zweiten auf der Geraden | JV] der uneigentliche
Punkt J, der eigentliche Schnittpunkt mit der Halbgeraden [HY], der
uneigentliche Schnittpunkt mit [HG], der eigentliche Schnittpunkt
mit [HG\ in dieser Reihenfolge, nämlich derjenigen der Punkte J, Y,
p. 276) glaubt den Satz daraus schließen zu können, daß bei einer Bewegung
uneigentliche Punkte in uneigentliche, eigentliche in eigentliche übergehen; was
Lie (Theorie der Transformationsgruppen III, Leipzig 1898, p. 810) mit Recht für
unzulänglich erklärt. Denn es folgt daraus nur, daß jeder Grenzpunkt in einen
Grenzpunkt übergeht (108), nicht daß ein Grenzpuukt einer Geraden zugleich
Grenzpunkt jeder durch ihn gehenden Geraden ist. — Hilbert (Neue Begründung
der Bolyai-Lobatschefskyschen Geometrie, Math. Ann. 1903, 57 p. 137 = Grund
lagen der Geometrie, 2. Aufl., Leipzig 1903, p. 107) übergeht den Beweis dieses
Satzes.