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V. Metrische Geometrie.
73. Satz: Es gibt Geometrieen, in denen alle Verknüpfungs-,
Anordnungs- und Kongruenzsätze mit Ausnahme von 11 gelten und
in denen die gerade Linie die kürzeste Verbindung zweier Punkte ist,
und zwar für jeden der drei Fälle, daß auf jeder Geraden kein, ein
oder mehr als ein uneigentlicher Punkt liegt, und in letzterem Fall
für jeden der drei Fälle, daß die Winkelsumme im Dreieck größer,
gleich oder kleiner als zwei Rechte ist.
Beweis: Für den Fall, daß auf jeder Geraden mehr uneigent
liche Punkte liegen, ist eine solche Geometrie von Hilbert*) kon
struiert worden. Es sei (s. Fig.) in der Euklidischen Ebene eine
geschlossene überall
konvexe Kurve ge
geben, die als Grenz
oval genommen
werde. Die Punkte
im Innern sollen die
eigentlichen sein. Als
Strecke AB werde
der Logarithmus des
Wurfes ABIJ defi
niert, wo IJ die
Schnittpunkte von
\AB\ mit dem Grenz
oval sind. Dann gelten offenbar alle Sätze, die sich auf das Abtragen,
Vergleichen und Addieren von Strecken beziehen. Damit auch dieselben
Sätze bezüglich der Winkel gelten, braucht man nur (z. B.) festzusetzen,
daß Winkel gleich heißen sollen, wenn sie es im gewöhnlichen Sinne
des Wortes sind. Der Grundsatz 11 gilt im allgemeinen nicht, denn
gälte er, so gäbe es Affinitäten, also (s. IV 150 S. 221) wäre das Grenz
oval eine Kurve zweiter Ordnung, was ausgeschlossen wird. Der Satz
von der Geraden als kürzester gilt. Denn nach einem bekannten Satze
(dem Satz des Ceva in projektiver Form) ist das Produkt der drei
Würfe, welche zwei Transversalen \A'B'C'\, [.A"B"G"] eines Drei
ecks ABC auf dessen Seiten bestimmen, der Einheit gleich, also
C'A
CA
(B-
A
. #A\
¡AB
A" B\
C'B :
; C'B ~
' \ B"
C '
' B' 67 '
' \AC '
A"c)
woraus vermittelst
C"A JA C'A IA
C'B < JB 7 C'B > IB
A'
*) Math. Ami. 40 (1895) p. 91; Grundlagen der Geometrie 2. Aufl. p. 83.