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Historisch-kiitische Untersuchungen über die Principien der Geometrie. 637
Euclid sehe Geometrie als möglich anerkannte, und zerstörte trotz einer scharf
sinnigen Untersuchung, die um so wirksamer war, als sie mit der Euclid’sehen
Methode geführt wurde, mit eigenen Händen das von ihm aufgerichtete Gebäude,
indem er sich bemühte den Nachweis der Falschheit seiner beiden neuen Hypo
thesen zu bringen.
Bei der ersten gelingt ihm dies eines Grundfehlers wegen leicht, der in
seinen Betrachtungen über diese Hypothese enthalten ist und sich in Prop. III
vorfindet, in welcher er beweist, dass wenn (AC) und (EE) auf der Graden
AE in A und E senkrecht stehen und die Winkel bei C und E rechte, stumpfe
oder spitze sind, (CE) ebensogross, kleiner oder grösser als (AE) ist. Bei
dem Beweis des zweiten Falls, welcher der Hypothese des stumpfen Winkels
entspricht, benutzt er Prop. XVI des ersten Buchs Euclid’s, dass ein Aussen-
winkel des Dreiecks grösser als jeder der gegenüberliegenden Innenwinkel ist,
welche grade die Hypothese des stumpfen Winkels ausschliesst. Bei dem Be
weis der Falschheit dieser Hypothese (Prop. XIY) stützt er sich auf Prop. XYII
des ersten Buchs Euclid's, dass die Summe zweier Winkel eines Dreiecks kleiner
als zwei Rechte ist, welche von der oben erwähnten Prop. XYI abhängt. Er
benutzt diese Prop. auch in den beiden andern Fällen, und nimmt damit seinen
Ausführungen viel von ihrer Allgemeinheit, da diese Eigenschaft von der un
endlich grossen Graden abhängt.
Die Folgerungen aber, dass, wenn in nur einem Fall die Hypothese des
stumpfen Winkels richtig ist, sie in jedem Fall gilt, dass, wenn in einem Drei
eck die Summe der Winkel grösser als zwei Rechte ist, sie es in allen andern
ist, sind mit einigen leicht zu entfernenden Mängeln bewiesen. Um so mehr
bleiben die Eigenschaften bewiesen, welche sich auf die beiden andern Hypo
thesen beziehen.
Der Yerfasser hat von Anfang an das Axiom, dass eine Grade durch zwei
ihrer Punkte bestimmt wird, keiner Prüfung unterzogen; indessen wenn damit
die erste Eiemann’sche Form ausgeschlossen wird, so bleibt doch die zweite
möglich.
Der Beweis der Falschheit der Hypothese des spitzen Winkels gelingt
Saccheri nicht so leicht wie bei dem stumpfen; bevor er aber zu diesem
Beweis übergeht, stellt er Betrachtungen an, die einigen Ausführungen
Lobcitscheivskijs sehr ähnlich sind. Der Fehler dieses Beweises liegt, wie
Eeltrami bemerkt, hauptsächlich in Prop. XXXYII, in welcher Saccheri den
fälschen Satz zu beweisen sucht, dass die Curve CE, der Ort der Endpunkte
der Lothe von gegebener Länge, welche bei der Hypothese des spitzen Win
kels auf dem gradlinigen Segment (AE) errichtet werden, der gegenüber
liegenden Basis (AE) gleich sei, ein Satz, welcher die Hypothese des rechten
Winkels in sich enthält.
Aus diesem kurzen Bericht erhellt, dass, wenn Saccheri kein grosser Bahn
brecher in der Wissenschaft der Geometrie gewesen ist, er doch ein würdiger
Yorläufer Legendre’s, Lobatschewshy’s und Biemann’s war.
Die Versuche, das Postulat V Euclid’s zu beweisen, dauerten fort; wir
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