Ueber die Bewegung ohne Deformation.
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Elementarbüchern gemeinhin angenommene Axiom erhoben, welche in zwei
Theile, einen mathematischen und einen mehr psychologischen als mathema
tischen Tlieil zeifcillt. Offenbar hat diese frage mit dem Text selbst nichts
zu thun.
Das Princip der Bewegung ohne Deformation kommt nach unsrer Be
dingung VI über die geometrischen Axiome darauf hinaus, in abstractem Sinn,
wie man auch analytisch sieht, Systeme gleicher Figuren in dem gewöhnlichen
Raum oder einem andern Raum anzunehmen, während die Gleichheit zweier
Figuren an sich, wie diejenige zweier beliebiger Dinge von den stetigen Sy
stemen und den Dimensionen des speciellen Raums, welcher sie enthält, unab
hängig ist. Und diese Systeme werden nicht nur z. B. für die Grade, sondern
für jede gegebene Figur vorausgesetzt, während wir die Eigenschaften der
Systeme unveränderlicher Figuren in einem gegebenen Raum, welche wie wir
gesehen haben dem genannten Princip zur Basis dienen, erst behandelt haben,
nachdem wir die Grundeigenschaften der Graden, der Ebene, des Raums von
drei oder n Dimensionen kennen gelernt hatten.
Die Raumanschauung kann überdies als unabhängig von der Anschauung
der Bewegung angesehen werden, auch wenn diese dazu dient jene zu bilden.
Denn wenn wir die Gegenstände, welche uns umgeben, ansehen, ohne dass
einer von ihnen sich bewegt oder unser Auge sich bewegt oder ohne dass wir
wenigstens ihre Bewegung bemerken, so erhalten wir gleichermassen die An
schauung des leeren Raums, welcher uns umgibt. Und da die Geometrie sich
mit dem leeren Raum, welcher unbeweglich ist, beschäftigt, so wäre es merk
würdig, wenn man bei der Definition und dem Beweis der Eigenschaften des
unbeweglichen Raums auf die reelle Bewegung der Körper zurückkommen
müsste. Wenn der Raum, in welchem die Bewegung vor sich geht, nicht die
Eigenschaft hätte, wie wir sagen, identisch in der Position seiner Theile zu
sein, so könnte die Bewegung ohne Deformation nicht stattfinden, während man
sich denken kann, dass diese Bewegung nicht stattfindet und der Raum doch
die genannte Eigenschaft besitzt.
Wie ferner aus der ins Einzelne gehenden Zergliederung hervorgeht, die
wir mit dem Princip der Identität und seinen Consecpienzen für die abstracten
und mithin auch concreten Formen in der Einleitung vorgenommen haben,
entspringt die Vorstellung der Identität zweier Dinge und mithin auch zweier
Figuren, der Vergleichung, welche unser Geist zwischen ihnen anstellt. Nun ist
diese Vorstellung der Idee der Bewegung eines Körpers fremd, nicht aber der
Idee der Bewegung ohne Deformation, weil ein Körper bei der Bewegung sich
nicht nur deformiren kann, sondern, wie wir wissen, stets deformirt, sei es auch
ohne dass wir es wahrnehmen können. Das Urtheil, welches wir abgeben, der
Körper in der Lage A sei dem oder einem Körper in der Lage b identisch,
stützt sich daher auf das Princip der Identität. In diesem Sinn sind unsie
Axiome III und IV gegeben. Erklärt man die Bewegung ohne Deformation
auf diese Art, und wir wissen von keiner andern und können uns auch keine
andre vorstellen, so liegt eine petitio principii in dem Satz, zwei Körpei seien