Full text: Grundzüge der Ausgleichsrechnung

106 Kap. III. Vermittelnde Beobachtungen ungleicher Genauigkeit. 
Das Verfahren a) hat indes den Vorteil, dafs man für manche 
Gröfsen, z. B. für die arithmetischen Mittel aus gleich genauen 
Einzelbeohachtungen, die Gewichte bereits angehen kann, noch 
ehe man die mittleren Fehler kennt. 
Gewichte sind schärfere Wertmesser als Genauigkeiten, denn 
diese hängen nur von der ersten Potenz, jene aber von dem Qua 
drat der mittleren Fehler ab. Die Gewichte haben jedoch noch 
eine wesentlichere Eigenschaft. Sie sind dem Nutzwert der Beob 
achtungen oder Funktionen von Beobachtungen, denen sie zu 
gehören, direkt proportional. 
Eine direkte Beobachtung vom Gewicht 4 kann in Hinsicht ihrer 
Genauigkeit das arithmetische Mittel von vier direkten Beobach 
tungen vom Gewicht Eins ersetzen, sie darf also ebensoviel Mühe, 
Zeit und Geld kosten als vier der letzteren Art, ohne unvorteilhaft 
zu sein. Ein Verfahren aber, welches in derselben Zeit und mit 
gleicher Mühe und Kosten zu einer Beobachtung vom Gewicht 4 
führt, w r elche ein andres Verfahren zu einer Beobachtung vom 
Gewicht Eins aufwendet, ist viermal so vorteilhaft als das zweite 
(obwohl das erste nur die doppelte Genauigkeit des zweiten 
ergibt). Denn erst der viermal wiederholte Aufwand des zweiten 
Verfahrens würde ein Resultat liefern, das dem ersten an Genauig 
keit gleichkäme. Als Beispiel betrachte man die Winkelmessung 
mittels zweier Nonientheodolite, von deren Horizontalkreisen der 
eine bei 18 cm Durchmesser bis auf 10", der andre bei 9 cm Durch 
messer bis auf 20" ablesbar sei, bei übrigens gleicher und guter 
Teilung sowie optischer Ausstattung. 
Ein Ausgleichungsverfahren, welches den Unbekannten der Aus 
gleichung das Gewicht 4 verleiht, ist viermal soviel wert als eines, 
welches den Unbekannten das Gewicht Eins erteilt. Denn erst 
die viermalige Wiederholung der ganzen Aufnahme samt Aus 
gleichung würde den daraus hervorgehenden Unbekannten, resp. 
den arithmetischen Mitteln ihrer vier Werte, die gleiche Genauigkeit 
geben, welche die Unbekannten des ersten Ausgleichungsverfahrens 
besitzen. Ein mangelhaftes Ausgleichungsverfahren verschwendet 
also die Zeit, Mühe und Kosten, welche für gute Beobachtungen 
aufgewandt wurden. Wie später bewiesen wird, erteilt die Methode 
der kleinsten Quadratsummen den Unbekannten der Ausgleichung 
gröfste Geivichte. Nach den Gewichten der Unbekannten, nicht blofs 
nach den Quadratsummen der Verbesserungen, sind solche Aus 
gleichungsverfahren zu beurteilen, welche von der Methode der
	        
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