Full text: Mathematische Statistik und deren Anwendung auf National-Ökonomie und Versicherungs-Wissenschaft

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Werthe von L und IJ gegeben sind, der Wertli von W im allgemeinen ein anderer 
werden kann. Hieraus musste man folgerecht schliessen, dass die Rechnung den Werth 
von W nur ungenau bestimme, und eben daher stammt bei Ununterrichteten die 
sonderbare Ansicht, es sei die Wahrscheinlichkeitsrechnung eine Rechnung, welche 
ungenaue Resultate liefert. In der That ist aber die ganze vorstehende Ausdrncksweise 
unrichtig. Der durch die obige Gleichung gegebene Werth von W macht gar nicht den 
Anspruch der wahre Werth der unbekannten Wahrscheinlichkeit zu sein, sondern er 
ist der wahrscheinlichste Werth dieser Grösse, welcher auf Grund der vorliegenden 
Beobachtungen sich angeben lässt. Zu dem wahrscheinlichsten Werthe gehört aber 
jederzeit ein wahrscheinlicher Fehler oder, wenn man lieber will, ein mittlerer 
Fehler, durch welchen der Grad der Zuverlässigkeit jenes wahrscheinlichsten Werthes 
gemessen wird; dieser wahrscheinliche oder mittlere Fehler ist jedoch bisher niemals 
bestimmt worden. 
Ferner wenn die Wahrscheinlichkeit W nach Jahresfrist noch zu leben gegeben 
ist, und man unter denselben Umständen wie vorhin von einer neuen Gruppe von A 
Personen die Ueberlebenden X' nach Ablauf eines Jahres zu kennen verlangt, so pflegt 
man bis jetzt zu sagen, dass diese Ueberlebenden durch die Gleichung gegeben werden 
A' = A JU; 
aber man hält zugleich die Möglichkeit offen, dass die wirkliche Beobachtung des 
Erfolges eine von X' verschiedene Zahl liefern könne, woraus mithin wiederum der Vor 
wurf einer ungenauen Rechnung entstehen musste. Auch hier ist die angezeigte übliche 
Ausdrucksweise unrichtig. Denn der durch die letzte Gleichung bestimmte Werth von 
A' ist nicht der wahre Werth, sondern der wahrscheinlichste Werth der Ueber 
lebenden; dieser Werth hat also gleichfalls wieder einen wahrscheinlichen Fehler, 
oder auch einen mittleren Fehler, welcher den Grad seiner Zuverlässigkeit misst; 
aber dieser wahrscheinliche oder mittlere Fehler ist gleichfalls bisher niemals bestimmt 
worden. 
In diesen beiden Fällen sind beispielsweise ein paar derjenigen Lücken ange 
deutet, deren Ergänzung man in der bisherigen Statistik vergebens sucht. Diese Er 
gänzung zu geben und auf dem dadurch gewonnenen Boden weiter zu bauen, das ist 
der Zweck der Untersuchungen, welche wir hier eröffnen. Diese Untersuchungen nehmen 
zu dem Ende einen von allen bisherigen gänzlich verschiedenen Ausgang. Welcher Grad 
von Präcision aber dadurch in die Behandlung der Sache kommt und welcher wichtigen 
Anwendungen sie damit fähig wird, das wird so unmittelbar aus den Untersuchungen 
selbst hervorgehen, dass es unnöthig erscheint davon schon hier zu reden.
	        
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