Der Capitalwerth des Menschen.
Einer der erheblichsten Vorwürfe, welchen man dem berühmten Begründer der
heutigen Nationalökonomie machen kann, besteht in der Vernachlässigung, die er dem
geistigen Werthe des Menschen hat zu Theil werden lassen. Nicht etwa als ob der
geistige Werth des Menschen in jenem Systeme überall keinen Platz gefunden hätte
oder nicht richtig aufgefasst worden wäre; aber wo Adam Smith diesen Punkt
berührt, da geschieht es in so untergeordneter Weise und so völlig nebensächlich, dass
daraus irgend welche Folgerungen für das System der Wissenschaft sich überall nicht
ergeben. Diesen Mangel hat man seitdem mehr und mehr auszugleichen gesucht. Der
Mensch repräsentirt durch dasjenige, was er in der Periode seiner Erziehung sowohl an
körperlichen als an geistigen Fähigkeiten sich erworben hat, eine Summe von angesam
melter Arbeit, d. i. ein Capital, welches er nach Vollendung seiner Erziehung productiv
zu verwerthen im Stande ist und bei ordentlichem Gange der Dinge wirklich verwerthet.
Rechnet man dazu ferner die Summe desjenigen, was der Mensch fortlaufend an Nah
rung, Wohnung und Kleidung zu seinem Unterhalte bedarf, und welches gleichfalls eine
Summe von Arbeit darstellt, die einer productiven Verwerthung entgegensieht, so macht
dieses Alles zusammengenommen die Grundlage dessen aus, was den Werth des Menschen
constituirt. Denn wenn dieses angesammelte Capital richtig angelegt ist, so muss es
seinem gesummten Betrage nach und mit Zins auf Zins vermehrt von dem Augenblicke
an, wo die Erziehung geschlossen wird und der Mensch in seinen Beruf eintritt, im
Laufe der noch übrigen Lebenszeit successive als Production genau wieder erscheinen,
folglich sein gesammter Werth nebst Zins auf Zins successive als Verdienst genau wieder
einkommen, und damit zugleich — was wir hier nur beiläufig bemerken — durch den
Ueberschuss des Verdienstes über den Bedarf dem Menschen die Möglichkeit geben, zur
Erziehung der nachfolgenden Generation mitzuwirken und damit dasjenige wieder abzu
tragen, was er für seine Erziehung der vorangegangenen Generation verdankt: ein
Spiel, welches in Ewigkeit sich zu wiederholen bestimmt ist.
Wittstein. Mathematische Statistik. 7