Full text: Mathematische Statistik und deren Anwendung auf National-Ökonomie und Versicherungs-Wissenschaft

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Wenn wir nun hier den Versuch machen auf Grundlage der so eben gegebenen 
Andeutungen den Werth des Menschen auf jeder Stufe seines Lebenslaufs durch eine 
Geldsumme auszudrücken, so kann dies auf den ersten Blick wie ein Unternehmen 
erscheinen, welches der Würde des Menschen nicht gemäss sei. In der That wird es 
aber kaum der Erinnerung bedürfen, dass es hier nur um den national-ökono 
mischen Werth des Menschen sich handelt, woneben alle anderen Rücksichten ausser 
Betracht bleiben, und dass die Fälle gar nicht so selten sind, in denen es wünschens- 
werth sein kann diesen Werth zu kennen. Wir wollen nicht reden von dem Sclaven- 
markte, wo vor Allem der rein national - ökonomische Werth des Menschen die Preise 
feststellt, oder von jenen halbbarbarischen Völkern, hei denen der Mord durch eine 
Geldsumme gesühnt wird. Aber wo in unseren Tagen einer Eisenbahn-Verwaltung die 
Verpflichtung obliegt, die durch ihre Schuld entstandenen Unglücksfälle durch Geld zu 
vergüten, da wird es von Wichtigkeit sein Grundlagen zu gewinnen, nach denen der 
Werth eines Menschenlebens abgeschätzt werden kann. Ferner wenn der Staat Soldaten 
aushebt und in den Krieg führt, so sollte billiger Weise für jeden Gebliebenen oder 
arbeitsunfähig Gewordenen an die Familie ein Ersatz geleistet werden, der gleichfalls 
nur nach national - ökonomischen Grundsätzen bestimmt werden kann. Allerdings 
geschieht dieses Letztere kaum irgendwo. Pferde und Ochsen lässt man auf Requisition 
für den Krieg sich nicht wegnehmen, ohne vollen Ersatz dafür zu fordern und zu 
erhalten; nur der Mensch allein, insofern er zum Kriege verwandt wird, ist bis jetzt 
überall — die bekannten schmählichen Truppen-Verkäufe des vorigen Jahrhunderts 
abgerechnet — wie eine Waare ohne Werth behandelt worden.*) 
Um für die anzustellende Rechnung eine Grundlage zu gewinnen, nehmen wir 
an, der gesammte leibliche und geistige Consum des Menschen, der für seinen Unterhalt 
und seine Ausbildung erforderlich ist, bleibe Jahr aus Jahr ein dem Werthe nach 
derselbe, und setzen diesen Werth jährlich = a. Denn wenn auch in der That in den 
jüngeren Jahren die körperlichen Bedürfnisse durch eine geringere Summe zu befriedigen 
sind als in den älteren, so kommen dagegen dort noch die Kosten der Erziehung und 
des Unterrichts hinzu, und mithin wird die vorausgesetzte Gleichheit sich nicht zu weit 
von der Wirklichkeit entfernen. Sollte aber auch gegen die gedachte Gleichheit sich 
etwas Erhebliches einwenden lassen, so müssen wir dennoch zum wenigsten für den 
Anfang von dieser Voraussetzung Gebrauch machen, damit unsere Rechnung eine möglichst 
einfache Grundlage behält. 
Der Werth von a ist aber nicht für alle Stände gleich gross anzunehmen. Wir 
werden unsere Rechnung fortlaufend mit zwei Beispielen begleiten, und setzen: 1) für 
den Handwerker, Arbeiter, Landmann etc. 
a — 150 Thlr. 
und 2) für den Beamten, Gelehrten, Techniker etc. oder den s. g. Studirten 
« = 300 Thlr. 
*) Siehe: vonThünen „Der isolirte Staat“ II. 2 (vergl. die Beilage zur Allgemeinen 
Zeitung vom 22. Februar 1867).
	        
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