94
Besondere Naturlehre.
§. 2055. Diese Erscheinungen sehen es ausser Zwei
fel, daß die ungleiche Erwarmung und Abkühlung der
Land und Seeluft den wahren Grund dieser abwechseln
den Winde enthalt. In der Nacht wird das Land
schneller erkaltet und die untere, dichtere Luft verbreitet
sich gegen die, auf dem Meere liegende dünnere, dage
gen am Tage, wegen der schnellern und stärkern Erwär
mung des Landes, das Gegentheil geschieht.
§. 2056. In den gemässigten und kalten Zonen'herr
schen unbeständige Winde (venti liberi). Es sind
zwar immer an jedem Orte gewisse Winde häufiger, als
andere; aber sie finden sich hier nicht zu bestimmten Zei
ten und in regelmässiger Ordnung ein.
§. 2257. Die beständigen Winde wehen sehr
gleichförmig und gelind ; ihre Geschwindigkeit beträgt
nicht über 12 bis 15 Fuß in einer Secunde. Die un
beständigen hingegen sind geschwinder und heftiger. Bey
einer Geschwindigkeit zwischen 42 und 62 Fuß in einer
Secunde, führen sie den Namen der Stürme und die
noch geschwindem heissen Orkane.
§. 2258. Mariotte seht die Geschwindigkeit des
heftigsten Windes nur auf32 Pariser Fuß ; aber Der-
ham beobachtete schon einen Sturm von 66 Englische
Fuß Geschwindigkeit, wodllrch eine steinerne Säule
von 12 Fuß Höhe, 5 Fuß Breite und 2 Fuß Dicke ab
gebrochen wurde. Ein andermal war die Geschwindigkeit
81 Fuß in einer Secunde. Kraft beobachtete am
24 März 1741, zn Petersburg einen Orkan, der in ei
ner Secunde lo9/7 Rheinl. Fuß durchlief und zu einer
andern Zeit einen von 12g Fuß.
§. 2259. Der Wind ist gemeiniglich etwas über der
Erde am stärksten, wo ihn kein Hinderniß schwächt, da
her auch auf der See heftiger, als auf dem Lande und
auk dem flachen Felde stärker, als an waldigten Oertern.
Ars den Gipfeln hoher Berge wüthen die Stürme mit
ersinnender Gewalt.
§. 2262.