Full text: Vorlesungen über die Experimentalphysik (Vierter Theil)

§6 Besondere Naturlehre. 
§. 2262. Die Winde haben sehr ungleiche Eigen 
schaften und Wirkungen, nach Beschaffenheit der Oerter, 
von denen sie Herkommen. Von Gegenden, welche mir 
Eis und Schnee bedeckt sind, wehen sie kalt, von erhitz- 
ren Sandheiden heiß und erstickend, vom Meere und 
Seen feucht, von warmen, hochliegenden Oertern trocken 
u. s. w. Sehr leicht kann also der Wind, aus einer und 
eben derselben Weltgegend für einen Ort gesund, ange 
nehm und vortheilhaft, für einen andern ungesund, be 
schwerlich und schädlich seyn. 
§. 2063. Die Bewegung der Wolken zeigt, daß der 
Luftkreis in ungleichen Höhen weder einerley Gefchwin- 
digkeit, noch einerley Richtung habe, ja daß die untern 
Winde den obern zuweilenLerade entgegen gehen. Wenn 
man die Geschwindigkeit des obern Windes aus der Be 
wegung der Wolken beurtheilt, so findet man sie sehr 
groß, zuweilen, auch bey anhaltenden Winden, auf 30' 
Fuß in einer Secunde. 
§. 2064. Die Wirbelwinde (turbines) bestehen 
aus einer grossem oder klernern, mit Heftigkeit um ihre 
Are gedrehten Luftsäule, welche zugleich eine fortgehende 
Bewegung zeigt. Ihre Wirkungen sind oft jehr gewalt 
sam, die meisten hängen mit einer dichten und schwarzen 
Wolke zusammen, mit der sie sich fortbewegen. Gleich 
wohl können umdrehende Bewegungen der Luft auch aus 
andern, bloß mechanischen Ursachen, z. B. aus dem Zu 
sammentreffen entgegengesetzter Luftströme, aus dem 
Stosse des Windes gegen Hindernisse u. f. w. ent 
stehen. 
§. 2065. Die Theorie der Winde, so wichtig sie 
auch für die Witterungslehre seyn würde, ist doch noch 
immer sehr weit von ihrer Vollkommenheit entfernt. Die 
Ursachen der Winde sind allzu vielfach und verwickelt; 
denn man sieht leicht, daß jeder Umstand, der nur im 
mer das Gleichgewicht der Luftsäulen stöhrt, hierher ge 
rechnet werden kann. Erwärmung und Erkältung sind 
freylich
	        
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