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dringen, dann würde die abnehmende Wind
geschwindigkeit eine Vermehrung des Auftriebes
und der Steigfähigkeit zur Folge haben.
Weiter können wir folgern: Verfolgt das Flug
zeug eine schräg nach abwärts gerichtete Bahn
und gelangt plötzlich in eine Schicht mit stark
verminderter Geschwindigkeit des Windes, so
wird bei Gegenwind an der Grenzfläche der Auf
trieb sehr rasch abnehmen, das Flugzeug wird
durchsacken. Man darf daher, insbesondere wenn
der Wind in den erdbodennahen Schichten sehr
schwach ist, in höheren dagegen strömungsstark,
den Gleitflug ja nicht zu steil ansetzen. Ist da
gegen der Wind oben schwach, unten dagegen
stark, so kann der Gleitflug steiler angesetzt wer
den. Bei der normalen Rechtsdrehung des Win
des mit zunehmender Höhe ist der absteigende
Ast der Flugbahn vorteilhaft als leichte Links
kurve zu gestalten, um bei der Landung seit
lichen Wind zu vermeiden.
Einen sehr interessanten, wenn auch seltenen
Fall der vertikalen Windschichtung ergab die
Pilotvisierung über München am 6. Dezember
1912 mittags. Am Boden herrschte N, der dann
bis zu 140 m relativer Höhe etwas gegen NE
drehte. Dann lagerte sich aut die Nordostdrift
plötzlich eine stärkere Südwestdriff auf, welche
bis zu 420 m über den Boden hinaufreichte.
Steigt das Flugzeug gegen den Nordost auf,
so kommt es 140 m über dem Boden plötzlich
in Südwestwind, d. h. es gelangt sprunghaft aus
der Fahrt mit Gegenwind in solche mit Mit
wind. Die Folge ist eine sehr fühlbare Abnahme
des Auftriebes, und das Flugzeug wird nach unten
gezogen. Die Sperre wird am besten überwun
den, wenn das Flugzeug in der unteren Schicht