Vorrede.
Die Physik ist eine exakte Wissenschaft. Das will sagen: sie läßt sich endgültig niemals
genügen, ein Qualitatives festzustellen, sie betrachtet eine jede Aufgabe erst als gelöst, wenn auch
das Quantitative erledigt ist. Das kann auf drei Weisen geschehen: durch die Formel, durch
die Zahlentabelle oder durch die graphische Darstellung. Es kann keinem Ziveifel unterliegen,
daß die vollständigste Lösung durch die Formel erfolgt; aber ebenso sicher ist es, daß die gra
phische Methode, im Böhmen ihrer Ausdrucksmöglichkeiten, durch ihre Anschaulichkeit einen
unschätzbaren Wert gewinnt, und es ist daher nicht zu verwundern, daß sie in allen exakten Dar
stellungen der Physik eine immer noch tvachsende Bolle spielt.
In dem Werke, das hier geboten wird, ist nun zum ersten Male die graphische Darstellung als
ausschließliche Form gewählt, und es ist versucht worden, das ganze Gebiet der Physik mit ihr
zu umspannen, natürlich mit derjenigen Auswahl, auf die eine Beschränkung geboten war mit
Bücksicht auf den Umfang, den das Buch nicht überschreiten durfte, wenn es Gemeingut Derer
werden sollte, die sich für die Gesetze und zahlenmäßigen Verhältnisse der physikalischen Er
scheinungen interessieren. Dabei wurde, um die Tafeln möglichst leserlich und vielsagend zu
gestalten, Wert darauf gelegt, einerseits das direkt notwendige an Ort und Stelle zu geben und
doch andererseits das Bild nirgends zu überlasten. Aus letzterem Grunde erwies es sich schließ
lich doch als erforderlich, einen kurzen erläuternden Text beizufügen, besonders auch, um auf die
Literatur hinweisen zu können; dieser Anhang soll und kann aber natürlich eine textliche Physik
nicht ersetzen.
Bei der Auswahl des Stoffes wurde zwar das Altbekannte und Grundlegende nach Gebühr
berücksichtigt, besonderer Wert aber auf die Darstellung der neuesten Fortschritte und des
neuesten Standes der Dinge gelegt. Ein großer Teil der Darstellungen ist Originalarbeit des
Verfassers, ein anderer nach Zahlenmaterial neu bearbeitet, der Best aus den Originalabhand
lungen oder zusammen fassenden Darstellungen, jedoch meist mit den im Interesse der Einheit
lichkeit erforderlichen Umänderungen, übernommen.
Und somit wünsche ich dem Werke, das von dem Verlage mit besonderer Sorgfalt hergestellt
wurde, recht viele „Leser“ im graphischen Sinne des Wortes.
Auerbach,
München, Neujahr 1912.